Thermische Stabilität und Mikrostruktur von GMR-Systemen aus dünnen metallischen Filmen

Autor: Ebert, Jörg Heinz
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2008
Druh dokumentu: Doctoral Thesis
Popis: Magnetfeldsensoren für die Messung von Drehbewegungen haben in den letzten Jahren in der Automobilindustrie zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sensoren basierend auf CoFe/Cu-Multilagen zeigen eine große Änderung des elektrischen Widerstandes in Abhängigkeit äußerer Magnetfelder, den sog. GMR-Effekt, und besitzen daher großes Potenzial für diese Anwendungen. Fortschreitende Miniaturisierung und steigende Anforderungen an Zuverlässigkeit stellen dabei eine Herausforderung an die Kontrolle der Herstellungsprozesse und die Robustheit des Bauteils unter Einsatzbedingungen dar. Daher wurden in der vorliegenden Arbeit Untersuchungen sowohl zur Prozessführung (thermische Kurzzeitstabilität) als auch der Lebensdauer unter Anwendungsbedingungen (Langzeitstabilität) durchgeführt. Weiterhin wurde die Ursache des Versagens mit Hilfe verschiedener Methoden experimentell analysiert. Neben dem Basissystem mit nicht-legierter Cu-Zwischenschicht, das einen mittleren GMR-Effekt von GMR (Cu) = 25,2 % aufwies, wurden Proben untersucht, deren Zwischenschicht mit Ag und Au legiert wurde, um die thermische Stabilität zu verbessern. Die magnetoresistiven Kennlinien dieser Proben wiesen zwar einen kleineren GMR-Effekt vom GMR (Cu-Leg.) = 20,7 % auf, zeichneten sich aber durch eine geringere Hysterese und kleinere Sättigungsfeldstärke aus, so dass das legierte System im Vergleich zu den Proben mit der reinen Cu-Zwischenschicht gleiche Sensitivität S besaß (S = 1,3 %/mT). Um das nanoskalige Schichtpaket gegen Oxidation in der Anwendung zu schützen, musste mittels Plasma-CVD eine Passivierungsschicht aus SiO2 und Si3N4 aufgebracht werden. Die Untersuchungen der Kurzzeitstabilität zeigten, dass beide Systeme eine moderate Wärmebehandlung im Temperaturbereich von 220 °C bis 250 °C für 1 h ohne Schädigung überstehen, wobei sich insbesondere das System mit legierter Zwischenschicht bei 250 °C durch eine Steigerung des GMR-Effektes um GMR  2 % bei konstanter Sensitivität S  1.3 %/mT auszeichnete. Aufgrund dieser Beobachtungen wurde als Prozesstemperatur für die Abscheidung der Passivierungsschicht TCVD = 250 °C festgelegt. Zum Nachweis der Eignung für den automobilen Einsatz wurde eine Langzeitstudie unter verschärften Temperaturbedingungen durchgeführt. Experimentelle Basis waren Messungen der Sensitivität S im „Minor-Loop“ bei verschiedenen Messfeldstärken. Mittels der Arrhenius-Beziehung konnte am Arbeitspunkt AP = 12 mT für die Testsensoren mit reiner Cu-Zwischenschicht bei TEinsatz = 150 °C eine Lebensdauer von tfailure  56 000 h vorhergesagt werden. Die industrielle Anforderung von 40 000 h für Anwendungen unter hoher Belastung (z.B. im Lastkraftwagen) konnte also erfüllt werden. Für TEinsatz = 160 °C beträgt tfailure  21 000 h. Die maximale Lebensdauer des legierten Systems beträgt hingegen tfailure  15 000 h, sodass es für die automobile Anwendung nicht geeignet ist. Die effektive Aktivierungsenergie EA, die das Versagen der Testsensoren in der Langzeitstudie beschreibt, lag in der Größenordnung von 1,4 bis 1,6 eV, was auf Grenzflächendiffusion als geschwindigkeitsbestimmenden Prozess der strukturellen Veränderungen der Multilagenstruktur hindeutet. Diese Veränderungen wurden sowohl am CoFe/Cu-Basissystem, dem System mit legierter Cu-Zwischenschicht, als auch am Fe/Cu-Modellsystem mittels verschiedener Messmethoden wie der Röntgen-Reflektometrie, der Transmissionselektronen-Mikroskopie und der Mößbauer-Spektroskopie identifiziert. Es konnten folgende Stufen gefunden werden: • Proben direkt nach der Herstellung zeichnen sich durch eine Durchmischung der verschiedenen Atomsorten an den Grenzflächen aus. Diese Durchmischung bedingt zusammen mit den begleitenden Gitterstörungen (metastabile Phasenanteile, Leerstellen und Zwischengitteratome) eine Erhöhung des Grundwiderstandes. • Durch Diffusionsprozesse bei moderaten Temperaturen heilen Fehlstellen aus, was zu einer Erhöhung des spinabhängigen Anteils an der Streuung führt und sich in einer messbaren Erhöhung des spinabhängigen Widerstands äußert. • Durch die Wärmebehandlung bei hohen Temperaturen werden die Diffusionsprozesse beschleunigt und es kommt zum Aufbrechen der Schichten und ferromagnetischen Brücken zwischen benachbarten magnetischen Bereichen. Dadurch geht die antiferromagnetische Kopplung verloren, die Proben weisen keinen GMR-Effekt mehr auf. Mittels TEM wurde ein gerichtetes Wachstum über die gleichfalls erkennbaren Grenzflächen der Schichten hinweg nachgewiesen. Im Fall des legierten Systems wurde nachgewiesen, dass sich Silber schon während der Präparation bevorzugt auf der Probenoberfläche ansammelte und sich dort in Form von separierten Teilchen mit der Größe von 5 bis 10 nm ablagerte. Die angestrebte Stabilisierung der Korngrenzen durch eine Segregation von Ag und Au konnte deshalb nicht erreicht werden. Basierend auf den Ergebnissen zu Kurz- und Langzeitstabilität ist es möglich, ein Sensorsystem basierend auf austauschgekoppelten Multilagen bis zur Marktreife zu entwickeln. Aufgrund der Ähnlichkeit im Aufbau lässt sich die Methodik zur Untersuchung der Lebensdauer auch auf „Spin-Valve-Systeme“ übertragen. Da die Dimensionen von Schichtdicken und Korngrößen im Nanometerbereich liegen und damit sehr kurze Diffusionswege große strukturelle Änderungen bewirken, haben die Auswahl der Materialien und die gewählten Abscheidebedingungen jedoch einen entscheidenden Einfluss auf die thermische Stabilität unter Einsatzbedingungen. Daher muss bei jeder Änderung des Materialsystems ein ähnliches Konzept zur Untersuchung der Langzeitstabilität erstellt werden.
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