Experimentelle Untersuchungen zum Querkrafttragverhalten von Stahlbetonbauteilen mit Carbonbetonverstärkung unter statischer und zyklischer Belastung

Autor: May, Sebastian
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2023
Předmět:
Druh dokumentu: Text<br />Doctoral Thesis
Popis: Die statischen Defizite von Bestandsbauwerken im Hoch- und Ingenieurbau nehmen aufgrund ihres Alters, den normativen Änderungen der Regelwerke, den steigenden Verkehrslasten im Straßenverkehr sowie einer möglichen Umnutzung gegenüber der ursprünglichen Verwendung im Hochbau, zu. Das Verstärken von Stahlbetonbauteilen mit Carbonbeton hat sich dabei in den letzten Jahrzehnten aufgrund der positiven Eigenschaften der Carbonbewehrung zu einer effektiven und dauerhaften Lösung im Bestandsbau etabliert. Hierbei sind neben der hohen Zug- und Ermüdungsfestigkeit auch die Dauerhaftigkeit der Carbonfasern hervorzuheben. Mit sehr dünnen Schichtstärken von wenigen Zentimetern können dabei die Bauteile bzw. Bauwerke nachhaltig verstärkt und eine Weiternutzung sichergestellt werden. Die in Deutschland aktuell geltende allgemein bauaufsichtliche Zulassung / allgemeine Bauartgenehmigung „CARBOrefit“ ermöglicht schon jetzt eine geregelte und anerkannte Verstärkung von Stahlbetonbauteilen mit Defizit in der Biegezugzone. Durchgeführte wissenschaftliche Untersuchungen zum Querkrafttragverhalten von Bauteilen mit Carbonbetonverstärkung können genutzt werden, um den Anwendungsbereich der Zulassung zu vergrößern und so Bestandsbauwerke vor dem Abriss zu schützen. Aus diesem Grund wurden im Rahmen dieser Arbeit zahlreiche statische und zyklische Querkraftversuche an Stahlbetonbauteilen ohne und mit Carbonbetonverstärkung durchgeführt. Zu Beginn der Arbeit wurde der Stand des Wissens zum Querkrafttragverhalten von Stahlbetonbauteilen beschrieben. Neben den Unterschieden beim Tragverhalten von Bauteilen im Zustand I und Zustand II sind die unterschiedlichen Tragmechanismen und die einzelnen Traganteile von Bauteilen ohne und mit Schubbewehrung beschrieben. Die dabei relevanten Versagensarten und bekannten Ansätze zur Abbildung der Querkrafttragfähigkeit werden ebenso aufgezeigt, wobei bis heute keine einheitliche Bewertung der Traganteile stattfindet. Aufbauend auf der Darstellung der maßgebenden Einflussfaktoren (u. a. Schubschlankheit, Maßstabeinfluss, Längsbewehrungsgrad) auf das Querkrafttragverhalten, sind die für diese Arbeit relevanten normativen und wissenschaftlichen Querkraftmodelle ausgearbeitet. Bedingt durch das komplexe Querkrafttragverhalten von Stahlbetonbauteilen erfolgen eine umfangreiche Darstellung von praxistauglichen Verstärkungsmethoden für Bauteile mit Querkraftdefizit und der aktuelle Stand zum Carbonbeton unter statischer und zyklischer Belastung. Darauf aufbauend werden für die Versuchsnachrechnung die bekannten Ingenieurmodelle für querkraftverstärkte Bauteilen mit Carbonbeton beschrieben. Hierbei konnte festgestellt werden, dass das Querkrafttragverhalten von Bauteilen ohne und mit Verstärkung von Forschern unterschiedlich beschrieben wird und die vorgeschlagenen Modelle keine Übereinstimmung mit den durchgeführten Querkraftversuchen zeigen. Für die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Bauteilgeometrien werden die Bemessungsschritte sowie die Herstellung und die Verstärkung beschrieben. Hierbei werden auch die Vorgehensweisen zur Ermittlung der Eigenschaften der verwendeten Materialen: Beton, Betonstahl, Carbonbewehrungen und Feinbeton aufgezeigt. Die durchgeführten statischen und zyklischen Querkraftversuche mit Carbonbetonverstärkung, bei denen sowohl Biege- als auch Schubversagen beobachtet werden konnten, erreichten Traglaststeigerungen von bis zu 50 %. Bei den verstärkten Bauteilen der Serie PB-S konnte dabei ein neuartiges, bisher kaum erforschtes Bauteilversagen infolge zu hoher Schubbeanspruchung beobachtet werden. Hierbei kommt es zum Ablösen der Verstärkungsschicht vom Altbetonquerschnitt. Bei den zyklischen Bauteilversuchen konnte festgestellt werden, dass eine zyklische Querkraftbeanspruchung die Tragfähigkeit eines Stahlbetonbauteils signifikant reduziert. Bei den verstärkten, zyklisch beanspruchten Bauteilen konnten die gleiche Tragfähigkeit und Versagensart der statischen Referenzbauteile beobachtet werden. Der Vergleich der rechnerischen mit den experimentellen Tragfähigkeiten der statischen Querkraftversuche wird mit folgenden normativ verankerten Modellen durchgeführt: - fib Model Code 2010, - Eurocode 2 / DIN EN 1992-1-1 (mit nationalem Anhang), - Entwurfsversion des zukünftigen Eurocode 2 und - ACI-318. Die rechnerischen Tragfähigkeiten unterschätzen deutlich, auf der sicheren Seite liegend, die experimentelle Traglast. Die wissenschaftlichen Modelle von Görtz und Herbrand bilden die Querkrafttragfähigkeit besser ab. Der Ansatz von Herbrand bildet die Querkrafttragfähigkeiten von Stahlbetonbauteilen am reellsten ab. Die Nachrechnungen der experimentellen Traglasten mit Carbonbeton-Verstärkung nach Brückner und Escrig zeigen eine ungenügende Abbildung der einzelnen Traganteile auf. Für beide Ansätze wird der Traganteil der Bügelbewehrung nach EC2 bestimmt. Dieser geregelte Ansatz unterschätzt die durchgeführten Bauteilversuche ohne Verstärkung um den Faktor ~2,5. Die Modelle und für den Querkrafttraganteil der Carbonbetonverstärkung basieren auf der Annahme, dass die Zugfestigkeit der Carbongitter voll ausgenutzt werden kann. Bei den durchgeführten Versuchen wurden diese Gitter jedoch nicht in der Druckzone verankert und bis auf eine Konfiguration auch nur seitlich (II) am Plattensteg angeordnet. Hierbei konnte eine neuartige Versagensart mit Ablösen der Verstärkungsschicht vom Altbeton beobachtet werden, welche nicht mit den Annahmen der beiden Modelle übereinstimmt. Aufgrund der nicht Berücksichtigung der neuartigen Versagensart überschätzen beide Ansätze die durchgeführten Versuche dieser Arbeit. Die abschließenden Begrenzungen der einwirkenden Schubbeanspruchung τ auf die einaxiale Betonzugfestigkeit f1,ctm* des verstärkten Gesamtquerschnittes scheinen für die im Rahmen der der Arbeit durchgeführten Bauteilversuche zielführend zu sein, da hiermit der augenscheinlich begrenzende Versagensmechanismus „Ablösen der Verstärkungsschicht“ berücksichtigt werden kann.
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