Popis: |
Geographische Namen können als ‘verdichtete Erzählungen’ über das geographische Objekt, das sie bezeichnen, sowie über die namengebende Gemeinschaft betrachtet werden. In Richtung des Objekts gilt dies jedoch nur für deskriptive Namen, nicht für Gedenknamen wie Namen nach Personen oder Ereignissen oder für neutrale Namen wie Namen nach Blumen oder Tieren. Die Zuschreibung der Qualität ‘verdichteter Erzählungen’ beruht auf der Annahme, dass jeder Name mit Bedacht gewählt wurde und ein wesentliches oder auffallendes Merkmal eines Objekts hervorhebt. Allerdings kann dieses Merkmal heute nicht mehr so wichtig sein und ist die Bedeutung eines Namens auch nicht immer transparent, weil Namen oft aus früheren Sprachen oder älteren Schichten einer heute an einem Ort gesprochenen Sprache stammen. Für die heutige Geographie ist dieser Aspekt geographischer Namen deshalb besonders interessant, weil ihr heute vorherrschender konstruktivistischer Ansatz die menschliche Wahrnehmung der Umwelt, des geographischen Raumes und geographischer Objekte in den Mittelpunkt stellt und dafür geographische Namen eine wichtige Informationsquelle besonders über heute nicht mehr existierende Gesellschaften und ältere Schichten der Kulturlandschaft sind. Der Artikel illustriert diesen Gedanken anhand von Beispielen aus Mitteleuropa und dem adriatischen Raum. |