Plasmaproteinbindung endogener Glucocorticosteroide und deren Einfluss auf Haar- und Speichelkonzentrationen

Autor: Krumbholz, Aniko
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2017
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Druh dokumentu: Text<br />Doctoral Thesis
Popis: Glucocorticosteroide (GC) spielen für viele endogene Prozesse im Organismus eine wichtige Rolle. Sie regulieren die Gluconeogenese sowie den Lipid- und Proteinstoffwechsel. Außerdem sind sie für die Stressregulierung über die Hypothalamus-Nebennierenrinden-Achse verantwortlich. Therapeutisch kommen die GCs wegen ihrer entzündungshemmenden Wirkung zum Einsatz und werden u.a. bei Asthma und Gelenkentzündungen angewandt. Diese Eigenschaft macht sie auch interessant für den Gebrauch im Sportbereich. Dort wird ihre Anwendung über die Weltantidopingagentur reguliert. Ihr oraler, intramuskulärer, intravenöser und rektaler Gebrauch ist im Wettkampf verboten. Diese Einschränkung bzgl. des Applikationszeitraumes und des Applikationsweges erschwert die diagnostische Aussagekraft von Routinedopingproben, welche im Urin durchgeführt werden. Ein Grenzwert von 30 ng/ml soll einen legalen Gebrauch von einem Missbrauch abgrenzen. Die endogenen Glucocorticosteroide stellen hierbei jedoch einen Graubereich dar. Endogen wird Cortisol in einem zirkadianen Rhythmus produziert und die Produktion ist stressinduziert. Somit kommt es zu ausgeprägten intra- und interindividuellen Streuungen der endogenen Produktion. Dadurch bedingt ist eine Abgrenzung der endogenen Produktion von einer legalen Anwendung bzw. einem Missbrauch im Rahmen der Dopingrichtlinien im Urin nicht möglich. Speziell für den Nachweis von endogenen Substanzen ist es wichtig, eine Methode zu finden, mit der es möglich ist, die endogene Produktion von einer exogenen Bezugsquelle abzugrenzen. Dabei haben sich zwei Wege als hilfreich herausgestellt. Zum einen, wenn die Differenzierung nicht an Hand von Absolutkonzentrationen sondern durch die Anwendung von Analytverhältnissen durchgeführt wird. Zum anderen, wenn zusätzliche Untersuchungen im Speichel oder Haar durchgeführt werden. Haar- und Speichelproben zählen zu den ergänzenden Matrizes der Routineuntersuchungsmedien Urin und Blut und werden bereits in vielen forensischen und klinischen Laboren für diagnostische Fragestellungen verwendet. Diese Matrizes liefern wichtige Hinweise auf den akuten (Speichel) oder chronischen/ zurückliegenden (Haar) Gebrauch bzw. Missbrauch von Medikamenten und Drogen. Sowohl die Haar- als auch Speichelmatrix sollen den physiologisch aktiven Anteil von Substanzen im Blut widerspiegeln und somit korrektere Rückschlüsse auf deren Wirksamkeit zulassen. Das endogene Glucocorticosteroid Cortisol steht seit der Jahrtausendwende im Blickpunkt vieler Forschungen, welche sich mit dessen Bedeutung für die Stressantwort befassen und Cortisol u.a. im Speichel und Haar nachweisen. Auffällig ist dabei, dass die ersten Arbeiten fast ausschließlich mittels immunchemischen Nachweisverfahren erfolgten. Erst in den letzten fünf Jahren wurde vermehrt LC-MS/MS-Verfahren angewandt. Vorteil dieser ist, dass der Nachweis von Substanzen selektiv erfolgt und Kreuzreaktionen nicht stattfinden. Weiterhin ist es vorteilhaft, dass die Konzentrationen von mehreren Analyten mit einer Messung bestimmt werden können. So ist es zum Beispiel möglich Cortisol und andere Steroide, z.B. dem Cortison parallel nachzuweisen. Cortison spielt für die physiologische Wirkung der Glucocorticosteroide im Körper keine Rolle, da es selbst nicht biologisch aktiv ist. Deshalb wurde es in bisherigen Forschungen für diagnostische Aussagen nicht berücksichtigt. Mit Verwendung der LC-MS/MS-Technologie werden jedoch beide endogenen GCs zunehmend nebeneinander bestimmt. Bei der Betrachtung von unterschiedlichen Untersuchungsmedien ist auffällig, dass sich die Konzentrationsverhältnisse Cortisol zu Cortison unterscheiden. Entgegengesetzte Verhält-nisse werden ersichtlich, wenn die GC-Konzentrationen im Blut mit denen im Speichel bzw. Haar verglichen werden. Bisher wurden diese Beobachtungen mit der lokalen Wirksamkeit von Enzymen, welche die Corticosteroide ineinander umwandeln, erklärt. Im Rahmen der vorliegenden Dissertation wurde folgender Fragestellung für die Nachweisbarkeit der Glucocorticosteroide nachgegangen: „Wie hoch ist der Anteil der Plasmaproteinbindung der GCs im Blut und welche Rückschlüsse lassen sich daraus auf die Konzentrationsverschiebung innerhalb der einzelnen Matrizes ziehen?“ Basierend auf die einzelnen Teilprojekte wurden sowohl Plasmaproben als auch Speichel- und Haarproben hinsichtlich ihrer GC-Konzentrationen analysiert. Die Untersuchung von Kontrollproben ermöglichte es, Referenzwerte unter Normalbedingungen zu erheben. Die Ergebnisse aus den Projekten ergaben, dass die beiden endogen GCs Cortisol und Cortison in unterschiedlichen Konzentrationsverhältnissen in den Analysenmedien vorkommen: Plasma: Gesamtkonzentration F:E ca. 3:1 freie Konzentrationen F:E ca. 1:1 Speichel: F:E ca. 1:5 Haar: F:E ca. 1:3 Die Bestimmung der Plasmaproteinbindung (PPB) beider endogener GCs hat gezeigt, dass Cortisol mit ca. 96 % stärker an die Transportproteine CBG und Albumin bindet als Cortison mit ca. 85 %. Dies führt dazu, dass sich die freien, nicht-proteingebundenen Konzentrationen angleichen und es zu einer Verhältnisverschiebung von Cortisol zu Cortison von 3:1 auf 1:1 kommt. Somit stehen vergleichbare Konzentrationen für die Inkorporation ins Haar bzw. die Diffusion in den Speichel zur Verfügung. Es konnte gezeigt werden, dass die freien Plasmakonzentrationen beider GC stark mit den Speichelkonzentrationen korrelieren. Cortisol aber unterproportional und Cortison überproportional vom Plasma in den Speichel übergeht. Dies kann mit zwei weiteren Mechanismen, welche während der Diffusion eine Rolle spielen, der unterschiedlichen Lipophilie und der Inaktivierung durch lokale Enzym-reaktionen, erklärt werden. Weiterhin wurde gezeigt, dass sich die Tagesrhythmik der GC-Produktion im Speichel abbilden lässt und eine starke Korrelation zwischen Cortison und Cortisol vorliegt. Mit Hilfe einer Grenzfunktion können endogene Referenzkonzentrationen definiert und Messdaten eingeordnet werden. Unter anderem wurde gezeigt, dass eine Hormonersatztherapie mit Hydrocortison zu einer Verschiebung der Metabolisierung und der PPB führt und somit ein Gebrauch/Missbrauch von GCs durch abweichende Konzentrationsverhältnisse nachweisbar ist. Speicheluntersuchungen während einer chronischen Stresssituation (Schwangerschaft) zeigen, dass die GC-Produktion stetig ansteigt und sich besonders die morgendlichen Werte unterscheiden. Um die tageszeitlichen und stressbedingten Schwankungen der GC-Produktion auszublenden und eine längere Zeitspanne zu betrachten, wurden zusätzlich Haarproben analysiert. In diesen wurde ein kontinuierlicher Anstieg der GCs in den proximalen Haarsegmenten nachgewiesen, was auf eine kontinuierlich erhöhte Inkorporation während der chronischen Stresssituation schließen lässt. Außerdem wurde gezeigt, dass die Haarkonzentrationen dem Auswascheffekt unterliegen und die nachweisbaren Konzentrationen geringer werden, je älter das Haar wird. Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass beide Mechanismen (Einlagerung und Auswaschung) konkurrieren und deshalb Referenzdaten nur für das proximale Segment erhoben werden können. Für weitere Segmente sind die Auswirkungen der individuellen Einflüsse nicht mehr allgemeingültig kalkulierbar und nur noch intraindividuelle Vergleiche nach mehrmaliger Beprobung aussagekräftig. Sind die Effekte der verstärkten Inkorporation größer als die Auswaschung, lassen sich diese auch Monate später erkennen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Plasmaproteinbindung der GCs zur Verhältnisverschiebung der Konzentrationen im Blut, Speichel und Haar beiträgt. Etwa 50 % des beobachteten Effekts kann der PPB zugeordnet werden. Weitere Quellen sind die unterschiedliche Lipophilie der GCs und die enzymatische Umwandlung, welche im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch nicht „quantitativ“ betrachtet wurden. Die enzymatische Inaktivierung wurde bis dato als Hauptverantwortliche für die Konzentrationsverschiebung diskutiert. Mit der aktuellen Arbeit wurde dies widerlegt, und die Plasmaproteinbindung als Hauptquelle identifiziert.
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