Keine Stunde Null: Sozialwissenschaftliche Expertise und die amerikanischen Lehren des Luftkrieges

Autor: Dafinger, Sophia
Rok vydání: 2020
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Zdroj: Zeithistorische Forschungen / Studies in Contemporary History, 17, 1, 11-35
Druh dokumentu: journal article<br />Zeitschriftenartikel
ISSN: 1612-6041
DOI: 10.14765/zzf.dok-1772
Popis: Alle Kriegsparteien bombardierten im Zweiten Weltkrieg Ziele, die lange Zeit als zivil gegolten hatten. Diese sogenannten strategischen Bombardierungen wurden im Auftrag der US-Regierung ab dem Kriegsende mit einem Stab von über 1.000 Mitarbeitern in Deutschland und Japan aufwendig evaluiert (United States Strategic Bombing Survey, USSBS). Mithilfe ambitionierter Sozialwissenschaftler gelang es der jungen US Air Force, den strategischen Luftkrieg als militärisch und psychologisch entscheidend darzustellen, und so taten sich für die Luftkriegsexperten auch nach 1945 attraktive neue Beschäftigungsfelder auf. Die Wissenschaftler argumentierten, sie seien in der Lage, methodisch abgesichert einen schnellen und vermeintlich "sauberen" Krieg aus der Luft zu planen. Der Aufsatz stellt die bisher kaum erforschten Logiken und Folgen dieser Kooperation sowie die behaupteten Lehren des Weltkrieges für den Korea- und den Vietnamkrieg dar. Damit hinterfragt er das gängige Verständnis einer radikalen Zäsur, die der erste Einsatz der Atombombe mit sich gebracht habe, und plädiert für einen neuen Blick auf die Militär-, Gewalt- und Wissensgeschichte des "Kalten Krieges".
In World War II, all warring parties bombed targets previously regarded as civilian. After the war concluded, the US government commissioned a team of over 1,000 people in Germany and Japan to evaluate these so-called ›strategic bombing campaigns‹ (United States Strategic Bombing Survey, USSBS). With the help of ambitious social scientists, the US Air Force was able to cast the strategic air war as militarily and psychologically decisive, opening up new, attractive fields of study for experts of aerial warfare after 1945. These social scientists argued that with their special knowledge, they could plan methodically sound, quick and allegedly ›clean‹ warfare by air. This article depicts the largely unexplored logic behind, and consequences of, this cooperation, as well as the lessons claimed to be learned for the Korean and Vietnam War. It thereby questions the common understanding of the first deployment of an atomic bomb as a radical turning point, and establishes a new perspective on military history and the history of scientific knowledge during the Cold War.
Databáze: SSOAR – Social Science Open Access Repository