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Oswald Spengler und Nikolaj Berdjaev gehören zu jenen Autoren des 20. Jahrhunderts, deren Geschichtsdeutungen stark von den Kriegen und Krisen ihrer Gegenwart geprägt waren. Ihre Geschichtsphilosophie wollte eine Fundamentalkritik am westlichen Entwicklungsmodell sein und stellte die Gewissheiten einer fortschrittsoptimistischen Auffassung von Geschichte radikal in Frage. Susanne Pocai legt mit diesem Buch die erste zusammenhängende Studie zum zivilisationskritischen Werk Nikolaj Berdjaevs und dessen Abhängigkeit von Oswald Spenglers einflussreicher Schrift Der Untergang des Abendlandes vor. Sie arbeitet dabei die Facetten einer spezifischen Tradition in der deutschen und russischen Geistesgeschichte heraus. Deren Vertreter redeten und schrieben mit missionarischem Eifer das Ende Europas herbei und stilisierten „ihr“ Volk zum Erlöser einer vermeintlich todkranken europäischen Kultur. Pocais kompakte, pointiert verfasste Studie trägt auch zum Verständnis der ideologischen Grundlagen der jüngsten russischen Politik bei. So entstammen Vladimir Putins Projekt einer Eurasischen Union ebenso wie seine Rhetorik von der überlegenen russischen Kultur dem Instrumentarium einer antiwestlichen Zivilisationskritik, deren Wurzeln bis ins frühe 19. Jahrhundert zurückreichen und die in Oswald Spengler und Nikolaj Berdjaev zwei wirkmächtige Agitatoren gefunden hatte. Das Buch ist für all diejenigen ein besonderer Gewinn, denen an der Dechiffrierung und Aufdeckung jener Stereotypien und Topoi gelegen ist, die so manche Diskussion zum deutsch-russischen oder russisch-europäischen Verhältnis bis heute prägen. |