Einfluss der Schmerzverarbeitung auf die individuelle Belastungsgestaltung in der Medizinischen Trainingstherapie bei stationären orthopädischen Rehabilitanden mit der Indikation chronisch unspezifischer Rückenschmerz

Autor: Dettenkofer, Peter Clemens
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2021
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Popis: Hintergrund und Ziele Chronische Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Gesundheitsstörungen. Der Hintergrund dieses Forschungsprojekts unterliegt der Schmerzforschung, welche verhaltenspsychologisch drei Schmerzverarbeitungsstrategien bzw. -typen unterscheidet (Hasenbring et al. 1993) [23]. Viele Autoren weisen darauf hin, dass in der Therapie von chronischen Rückenschmerzpatienten die unterschiedlichen Schmerzverarbeitungscharaktere insbesondere während einer orthopädischen Rehabilitationsmaßnahme zu wenig berücksichtigt werden. In Anlehnung der Zusammenhänge der drei maladaptiven Verarbeitungsstrategien (depressives Durchhalteverhalten (Typ A), fröhliches Durchhalteverhalten (Typ B), depressive Vermeidungshaltung (Typ C)) und deren Chronifizierungsrisiko stellt sich die Frage nach möglichen Unterschieden bei der individuellen Trainingsgestaltung. Entsprechend der Angst-Vermeidungshaltung und damit verbunden einer Unterforderung des eigenen Leistungsvermögens wäre ein möglicher Trainingserfolg allein durch die Schmerzverarbeitungshaltung limitiert. Dieses Studiendesign soll überprüfen, inwieweit eine unterschiedliche Verarbeitung der chronischen Schmerzen die Rehabilitationswirksamkeit beeinflusst. Gibt es geschlechterspezifische Unterschiede? Zeigen sich Unterschiede in der Rumpfbeweglichkeit in Abhängigkeit der Schmerzverarbeitungsstrategie? Lassen sich signifikante Unterschiede der Schmerzverarbeitungstypen zum Ende der Rehabilitation aufzeigen? In dieser Studie werden Zusammenhänge der Verhaltensstrategien mit der subjektiven Beurteilung des Gesundheitszustandes, der Schmerzwahrnehmung, der Reha-Motivation, der Reha-Erwartung und der Reha-Zufriedenheit dargestellt. Methoden Im vorliegenden Forschungsprojekt handelt es sich um eine prospektive Vergleichsgruppenstudie mit 6-monatigem Follow-up. Eingeschlossen waren stationäre orthopädische Rehabilitanden der Deutschen Rentenversicherung Bayern Süd mit der Indikation „Chronisch unspezifischer Rückenschmerz“. Die Rekrutierung erfolgte geschlechterspezifisch und sequentiell. Es wurden 2 Interventionsgruppen gebildet im Alter zwischen 20 und 60 Jahren mit jeweils 25 weiblichen und 25 männlichen chronisch unspezifischen Rückenschmerzpatienten (IG I und IG II) und eine Kontrollgruppe (KG), ebenfalls im Alter von 20 bis 60 Jahren mit 25 weiblichen und 25 männlichen chronisch unspezifischen Rückenschmerzpatienten ohne ausschließende Kontraindikation. Die Kontrollgruppe (KG) wurde aus dem Archiv des Orthopädie-Zentrums Bad Füssing rekrutiert und hatte bereits ein herkömmliches Training in der medizinischen Trainingstherapie absolviert und dokumentiert. Die beiden Interventionsgruppen waren bezüglich der anthropometrischen und soziodemographischen Merkmale gleich, ebenso in der subjektiven Prognose der Erwerbsfähigkeit, der Einnahme von Schmerzmitteln, geplanter oder bereits durchgeführter WS-Operationen, der AU-Tage, der Dauer der chronischen Rückenschmerzen und des allgemeinen Gesundheitszustandes. Auch der Avoidance Endurance Questionnaire (AEQ) zeigte keine wesentlichen Unterschiede in den Interventionsgruppen. Die Messzeitpunkte waren am Anfang der stationären orthopädischen Rehabilitation (t1), am Ende der stationären orthopädischen Rehabilitation (20 Tage: t2) und 6 Monate nach Ende der Rehabilitation (postalische Befragung; t3). Ergebnisse und Beobachtungen Bei submaximalem Eingangstest wird bei allen Reha-Patienten der Interventionsgruppen (IG I und IG II) eine höhere Leistung erreicht als bei der Kontrollgruppe (KG). Der Vergleich der Patienten aus den beiden Interventionsgruppen mit den Patienten aus der Kontrollgruppe zeigt, dass sich die beiden Interventionsgruppen geschlechterunabhängig deutlich höher belasteten. Die Analyse des Trainings im Therapieverlauf zeigte eine hochsignifikante Steigerung bei beiden Geschlechtern und keinen Unterschied in Abhängigkeit der AEQ-Typen-Zugehörigkeit. Die Messung der isometrischen Kraft der Rumpfmuskulatur zeigt keinen wesentlichen Unterschied zwischen Frau und Mann. Auch die Anstrengungsempfindung lässt keine wesentlichen Unterschiede erkennen. Die Zufriedenheit war ebenfalls unabhängig von der Schmerzverarbeitungsstrategie und vom Geschlecht. Schlussfolgerungen und Diskussion Die vorliegende Studie zeigt bei allen Rückenschmerzpatienten, dass über eine medizinische Trainingstherapie eine Erhöhung der Kraft der Rumpfmuskulatur und eine Verminderung der Rückenschmerzen erreicht werden kann. Diese positiven Effekte sind weder von der Schmerzverarbeitung noch vom Geschlecht abhängig. Die vorliegenden Untersuchungsergebnisse zeigen, dass alle Patienten mit der Diagnose „chronisch unspezifischer Rückenschmerz“ von einer individuell angepassten Trainingsmodifikation profitieren. Allerdings sind bei den maladaptiven Schmerzverarbeitungstypen die Schmerzen bereits zu Beginn der Trainingstherapie gegenüber den adaptiven Schmerzverarbeitungstypen erhöht, weshalb hier eine multimodale Betreuung besonders wichtig ist. Schmerz ist eine komplexe Sinnesempfindung, die im ZNS verarbeitet und entsprechend interpretiert wird. Es bestehen enge Wechselwirkungen zwischen Schmerzwahrnehmung und Psyche, hier kann eventuell eine gezielte psychologische Betreuung der Patienten mit maladaptiver Schmerzverarbeitung eine längerfristige Erfolgssteigerung der Rehabilitation und eine Verminderung der Chronifizierung bewirken. Für ein multimodales Therapieregime zur Vermeidung chronischer unspezifischer Rückenschmerzen erscheinen des Weiteren Forschungsansätze für die Zukunft interessant, die einen Zusammenhang von Hippocampusgröße, Cortisolspiegel und Schmerzverarbeitung aufzeigen. Objectives Chronic back pain is one of the most common health problems. The background for this research project is subject to the pain research, which distinguishes between three pain processing strategies or types in behavioural psychology (Hasenbring et al. 1993) [23]. Many authors suggest that in the therapy of chronic back pain patients, the different pain processing characteristics are considered too little in particular during an orthopaedic rehabilitation measure. Following the connections of the three maladaptive processing strategies (depressive endurance behaviour (Type A), cheerful endurance behaviour (Type B), depressive avoidance posture (Type C)) and their chronification risk, the question of possible differences in the individual training design arises. In accordance with the fear avoidance posture and the involved insufficient challenge of one’s own performance capability, a possible success in training solely by the pain processing posture is limited. This study design shall review to what extent a different processing of chronic pain influences the effectiveness of rehabilitation. Are there gender-specific differences? Are there differences in torso flexibility depending on the pain processing strategy? Are there significant differences in the pain processing types at the end of the rehabilitation? This study shows connections in behaviour strategies with the subjective assessment of the medical condition, the perception of pain, the rehabilitation motivation, the rehabilitation expectation and the rehabilitation satisfaction. Design & Methods This present research project is about a prospective study of comparison groups with a follow-up of 6 months. Hospitalized orthopaedic rehabilitants of the German pension insurance Bayern Süd with the indication “chronic unspecific back pain” were included. The recruitment was made gender-specific and sequentially. Two intervention groups were formed with 25 female and 25 male patients with chronic unspecified back pain between the ages of 20 and 60 years (IG I and IG II) in each group and a control group (KG), also aged between 20 and 60 years with 25 female and 25 male patients with chronic unspecified back pain without excluding contra indication. The control group (KG) was recruited from the archive of the orthopaedic centre in Bad Füssing and had already completed and documented a common training in the medical training therapy. Both intervention groups match regarding the anthropometric and socio-demographic characteristics, as well as in the subjective prognosis of capacity to work, intake of pain medicine, planned or previously performed spinal surgery, days of incapability of work, the duration of chronic back pain and the general health. The Avoidance Endurance Questionnaire (AEQ) also showed no essential differences in the intervention groups. The measurement time points were at the start of the hospitalized orthopaedic rehabilitation (t1), at the end of the hospitalized orthopaedic rehabilitation (20 days: t2) and 6 months after the end of the rehabilitation (survey by post; t3). Observations & Results At the submaximum initial testing, all rehabilitation patients of the intervention group (IG I and IG II) achieved a higher performance than the control group (KG). The comparison of patients from both intervention groups with patients from the control group shows that both intervention groups strain themselves significantly more regardless of gender. The analysis of the training during therapy shows a highly significant increase in both genders and no difference according to the affiliation of the AEQ type. The measurement of the isometric force of the core muscles shows no significant difference between women and men. There also seems to be no significant difference in the perceived exertion. The satisfaction was also not relevant to the pain processing strategy and the gender. Conclusions The present study shows with all back pain patients that a medical training therapy helps achieving an increase in strength of the core muscles and a reduction of back pain. These positive effects are not dependent on the pain processing nor the gender. The present research results show that all patients with the diagnosis of “chronic unspecific back pain” can benefit from an individually adapted training modification. In comparison to the adaptive pain processing types, the pain for the maladaptive pain processing types is higher at the beginning of the training therapy, which is why a multimodal treatment is especially important. Pain is a very complex sensation that is processed in the central nervous system and interpreted accordingly. There are close interactions between pain reception and psyche, a focused psychological treatment of patients with maladaptive pain processing might ensure a longer-term increase in success of the rehabilitation and a reduction of chronification. Furthermore, research approaches of a multimodal therapy for the avoidance of chronic unspecified back pain seem interesting in the future, where a connection is shown between the size of the hippocampus, the level of cortisol and pain processing.
Databáze: OpenAIRE