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Trotz intensiver medizinischer Forschung steht der plötzliche Herztod immer noch an der Spitze der Todesursachen in den Industrienationen. Dem Herz-Kreislauf-Stillstand geht eine Tachyarrhythmie voraus. Mit der Implantation eines Kardioverter-Defibrillators besteht heute zwar die Möglichkeit einer lebensrettenden Elektroschock-Behandlung dieses Herzzustandes. Allerdings setzt der gezielte Einsatz eines Defibrillators ebenso wie die Verabreichung entsprechender Medikamente eine zuverlässige Identifikation von Hochrisiko-Patienten voraus. Aufgrund der unzureichenden Aussagekraft der aktuell verfügbaren Parameter zur klinischen Risikostratifizierung wird jedoch nur ein sehr geringer Prozentsatz der plötzlichen Herztodesfälle durch eine prophylaktische Therapie verhindert. In jüngster Zeit allerdings konnte im Rahmen klinischer Studien für Schlag-zu-Schlag-Schwankungen der T-Wellen-Morphologie des EKG-Signals (T-Wellen-Alternanz) ein Zusammenhang mit dem Auftreten maligner Arrhythmien nachgewiesen werden. Die modelltechnische Analyse dieser elektrischen Repolarisationsalternanz und ihre mögliche Rolle als Risikoindikator für arrhythmogene Herzzustände sind das Kernstück der vorliegenden Arbeit. Im Gegensatz zur allgemein empirischen Vorgehensweise der klinischen Risikostratifizierung ergründet die Arbeit den elektrophysiologischen Ursprung der Alternanz. Dabei wird der kausale Zusammenhang zwischen pathologisch veränderten Eigenschaften der Zell- und Gewebeebene des Herzmuskels, der darauf basierten Entstehung lebensbedrohender Arrhythmiemuster und dem Phänomen der Repolarisationsalternanz aufgedeckt. Grundlage der modelltechnischen Analyse ist ein speziell entwickeltes System zur Simulation der kardialen Erregungsausbreitung, d.h. der Fortleitung des zellulären Aktionspotentials. In Anlehnung an die mikroskopische Struktur des Herzmuskelgewebes beschreibt es eine schaltungstechnische Vernetzung einzelner physiologischer Teilsysteme. So umfasst es mathematische Modelle der Herzmuskelzellen (Beeler-Reuter, Luo-Rudy) und der interzellulären Verbindungskanäle. Ein darauf aufbauendes EKG-Modell stellt schließlich die Verbindung zwischen der vom zellulären Fehlverhalten herrührenden (mikroskopischen) Repolarisationsalternanz und der T-Wellen-Alternanz (makroskopische Repolarisationsalternanz) des EKG-Signals her. Anhand zahlreicher Modellstudien wird gezeigt, dass die mikroskopische Repolarisationsalternanz auf die selben pathologisch veränderten Zell- und Gewebeparameter zurückzuführen ist, die auch ursächlich für die lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen verantwortlich sind (Entstehung und Aufrechterhaltung kreisender Erregungen bei hoher Dispersion der zellulären Refraktärzeiten). Neben der rein phänomenologischen Betrachtung (konvergente, divergente oder gleichbleibende Alternanz der Aktionspotentialdauer APD) werden zwei systemtheoretische Ansätze vorgestellt, die die mikroskopische Repolarisationsalternanz als Indikator der elektrischen Instabilität deuten. Beide Ansätze bringen dabei den technischen Begriff der „Stabilität eines Systems“ mit dem medizinischen Begriff der „Substratstabilität“ bzw. des „Arrhythmie-Risikos“ in Verbindung. Zum einen wird das alternierende Einschwingen der APD-Werte mit der iterativen Bestimmung des Fixpunktes einer entsprechenden mathematischen Abbildung erklärt und anhand von Kennlinien graphisch interpretiert. Zum anderen wird die Alternanz anhand der Stabilitätsanalyse eines ereignisdiskreten Modells der APD-Dynamik gedeutet. Im Rahmen beider Ansätze erfolgt der Nachweis, dass sich höhere Stimulationsfrequenzen und ein höherer Pathologiegrad des Gewebes negativ auf die Stabilität des Systems auswirken. Die Berücksichtigung der interzellulären Wechselwirkung im Gewebe begründet schließlich die These einer „räumlichen“ Komponente der Repolarisationsalternanz. Sie stellt sich infolge einer frequenz- und pathologieabhängigen Schwankung der Leitungszeiten ein. Auf Basis des einfachen EKG-Modells werden zuletzt die systemtheoretischen Ergebnisse der mikroskopischen Zellebene auf eine Makroebene übertragen. Dort werden die konzeptionellen Grundlagen für eine systematische Entwicklung und Optimierung von Algorithmen und Verfahren erarbeitet, die eine aus der Alternanzanalyse des EKG-Signals gewonnene, quantitative Abschätzung des Arrhythmie-Risikos ermöglichen. Mit den Ergebnissen liefert die vorliegende Arbeit den modelltechnischen Nachweis des kausalen Zusammenhangs zwischen krankheitsbedingten Veränderungen mikroskopischer Zell- und Gewebegrößen, der dadurch bedingten Entstehung und Aufrechterhaltung chaotischer Erregungsmuster und der mikro- und makroskopischen Repolarisationsalternanz. Aufgrund des gemeinsamen, zellpathologischen Ursprungs mit der lebensbedrohlichen Arrhythmie spielt dieser neue Risikoindikator eine äußerst vielversprechende Rolle zur Bekämpfung des plötzlichen Herztodes. Despite intensive medical research, sudden cardiac death is still persisting to be the leading cause of mortality in the industrialized countries. Tachyarrhythmia, i.e. an electrical disturbance of the ventricle, very often precedes the lethal cardiovascular arrest. ICDs (Implantable Cardioverter-Defibrillators) offer an effective lifesaving electric shock treatment of this cardiac state. However, ICD indication as well as appropriate drug administration require an accurate identification of high risk patients. Due to the low predictive power of the currently available risk stratification parameters, actually only a small minority of sudden cardiac deaths are prevented by prophylactic therapy. On the other hand, in the scope of clinical studies it was demonstrated recently that there exists a significant correlation between beat-to-beat fluctuations in T wave morphology of the body surface ECG (T-wave-alternans) and vulnerability to malignant ventricular arrhythmias. The main stress of this work is put on the model based study of the electrical repolarization alternans and its potential role as a risk stratifier of arrhythmogenic cardiac states. In contrast to empiric approaches in clinical risk stratification, priority is given to the investigation of the electrophysiological origin of the alternans. As a result, the causal interconnections between pathologic properties of myocardial cells and tissue, the development of life-threatening patterns of arrhythmia and the phenomenon of repolarization alternans are discovered. The model analysis is based on a purpose-built simulation system of cardiac excitation propagation, i.e. the propagation of the cellular action potential. Following the microscopic structure of cardiac tissue, it presents an electrical networking of different physiological subsystems. Thus it contains mathematical descriptions of both myocardial cells (models by Beeler-Reuter, Luo-Rudy) and the intercellular junction channels. Derived from that, a ECG-model links the (microscopic) repolarization alternans that stems from the cellular malfunction to the t-wave alternans (macroscopic repolarization alternans), which can be observed in the ECG signal. Numerous model studies show that microscopic repolarization alternans depends on the same pathologic cell and tissue parameters that are the underlying cause of the malignant arrhythmias (emergence and maintenance of spiral excitation waves due to high dispersion of cellular refractory periods). In addition to the phenomenological inspection (convergent, divergent or steady alternans of the action potential duration APD), two system-theoretical approaches explain why microscopic repolarization alternans is an indicator of electrical instability. These both methods relate the technical concept "stability of a system" with the medical concept "substrat stability" and "risk of arrhythmia" respectively. The first method compares the alternating oscillation of APD values with an iterative fix point calculation of a particular mathematical mapping. A graphical interpretation of the phenomenon is given by analysing characteristic restitution curves. The second method presents a discrete event model of the APD dynamics in order to depict alternans by means of a conventional analysis of system stability. In the framework of both approaches it is shown that system stability is negatively affected by higher stimulation rates as well as by higher pathologic levels of cardiac tissue. Furthermore, the consideration of cellular interactions gives rise to the assumption of a spatial component of repolarization alternans that is caused by rate- and pathological-dependent oscillation of conduction times. In conclusion, the results of the cellular level are transferred to the macroscopic level, based on the simple ECG-model. At this level conceptual fundamentals are enhanced towards a systematic development and optimization of algorithms and practical methods, which allow of a quantitative risk identification using an accurate t-wave alternans analysis. By means of the latter results the model based evidence of micro- and macroscopic repolarization alternans and its causal connection to pathologic properties of myocardial tissue and the development and maintenance of chaotic excitation patterns is made clear. Based on the common pathologic origin with the life-threatening arrhythmia, repolarization alternans is considered very promising in fighting sudden cardiac death. |