Einfluss zerebraler Läsionen auf somatosensorische Profile bei Schlaganfallpatienten

Autor: Schmidt, Tamara
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2015
Předmět:
Popis: Hintergrund und Ziele: Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Auswirkungen Läsionen in verschiedenen Gehirnarealen durch einen Schlaganfall auf die Funktion des nozizeptiven Systems haben, mit dem Ziel, die Funktion einzelner Areale innerhalb des nozizeptiven Systems insbesondere bei Vorliegen von Schmerzsensibilisiurung besser zu verstehen. Hierfür wurden psychophysische Messungen und ein Hyperalgesiemodell angewandt, bei dem durch elektrische Stimulation einer bestimmten Gruppe von Schmerzfasern (mechanoinsensitiven C-Fasern) eine stabile Hyperalgesie- und Allodyniefläche induziert wird, welche Messparameter für die Schmerzsensibilisierung darstellen. Die Untersuchungen sollten mögliche Veränderungen des somatosensorischen Profils durch die umschriebene Läsion detektieren und so Aufschluss über die Rolle des betroffenen Areals geben. Methoden: 20 Patienten im Alter von 58,05 ± 13,61 Jahren, die einen frischen Schlaganfall erlitten hatten, davon 14 männliche und sechs weibliche, nahmen an zwei aufeinander folgenden Tagen an den Untersuchungen teil. Als Kontrollgruppe dienten 20 gesunde Probanden im Alter von 56,70 ± 12,41 Jahren, davon acht männliche und zwölf weibliche, welche dieselben Untersuchungen an ebenso zwei aufeinander folgenden Tagen absolvierten: Nach der quantitativen sensorischen Testung zur Detektion der mechanischen Detektions- (MDT) und Schmerzschwelle (MPT) erfolgte die transdermale elektrische Stimulation am volaren Unterarm mit einer subjektiv empfundenen Schmerzintensität von sechs auf der numerischen Schmerzskala (NRS = Numeric Rating Scale, 0 – 10, 0 entspricht dabei keinem Schmerz, 10 dem schlimmsten vorstellbaren Schmerz) mit einer Stimulationsfrequenz von 1 Hz für die Dauer von 45 Minuten. Die vor der Stimulation ermittelte elektrische Detektions- und Schmerzschwelle (EDT bzw. EPT) diente ebenso wie die nach der elektrischen Reizung gemessene Ausdehnung des Hyperalgesie-, Allodynie- und Flare-Areals als Messparameter. Zudem wurde die relative Änderung der Stromstärke, welche für das Erreichen der NRS von 6 nötig war, erfasst. Die so ermittelten somatosensorischen Profile der Schlaganfallpatienten wurden einerseits mit der nicht-betroffenen kontralateralen Seite des Patienten verglichen, andererseits mit beiden Seiten einer gesunden Kontrollperson. Im zweiten Teil der Studie wurden mithilfe der voxelbasierten Läsionsanalyse die Messdaten zu den Hirnläsionen in Beziehung gesetzt. Die zerebralen Läsionen jedes Patienten wurden im MRT in den DWI-Sequenzen markiert (MRIcroN, www.mricro.com) und anschließend auf ein standardi-siertes MRT („Template“) übertragen (SPM8). Die oben genannten erhobenen Messparameter wurden daraufhin pro Voxel miteinander verglichen mit dem Ziel, mögliche Assoziationen zu finden. Ergebnisse: In den psychophysischen Messungen zeigten sich signifikant erhöhte elektrische Detektions- und Schmerzschwellen beim Vergleich der betroffenen Körperseite der Schlaganfallpatienten mit den gesunden Kontrollpersonen. Weiterhin zeigten sich einige mechanische Detektionsschwellen sowohl vor als auch nach elektrischer Stimulation signifikant erhöht auf der betroffenen Seite der Schlaganfallpatienten im Vergleich zu den Kontrollen. Dies bedeutet, dass auf der zur zerebralen Läsion kontralateralen Körperseite eine Hypästhesie und Hypalgesie (zumindest für die elektrische Schmerzschwelle) gemessen wurde. Im intraindividuellen Vergleich zeigte sich, dass die MDT 2 cm proximal des Stimulationsortes und die MPT 2 cm distal des Stimulationsortes vor Stimulation auf der betroffenen Seite der Schlaganfallpatienten signifikant über den korrespondierenden der nicht-betroffenen Seite der Schlaganfallpatienten lagen, was die Hypästhesie-Hypalgesie-Hypothese durch eine Ischämie stützt. Die notwendigen Stromstärken für die elektrische Stimulation zum Erreichen der Schmerzintensität von 6 auf der NRS lagen bei den Schlaganfallpatienten höher als bei den Kontrollpersonen, die relative Stromstärkenänderung über die Zeit von 45 Min. lag unter der der Kontrollen, d.h. die Schlaganfallpatienten zeigten eine reduzierte Habituation. Allerdings lagen statistisch signifikante Unterschiede nur im Vergleich der ipsilateralen Seite der Schlaganfallpatienten mit den Kontrollpersonen vor. Dies deutet auf eine generalisierte veränderte Schmerzwahrnehmung und Gewöhnung an Schmerzreize in der Folge einer Ischämie hin, nicht nur auf der betroffenen Körperseite. In den Läsionsanalysen ergaben sich weniger deutliche Ergebnisse, da aufgrund des kleinen Patientenkollektivs nach FDR-Korrektur keine statistisch verlässlichen Korrelationen gefunden wurden. Schlussfolgerungen: Aus der vorliegenden Arbeit ergeben sich im Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen erhöhte Schwellen für taktile Detektion und Schmerz auf der zur Läsion kontralateralen Körperseite. Weiterhin fanden sich Hinweise auf eine insgesamt reduzierte Anpassungsfähigkeit an Schmerz in der Akutphase eines Schlaganfalles, was möglicherweise auf der generellen Stresssituation beruhen könnte. Die Läsionsanalyse lieferte als Trend Hinweise, dass Ischämien v.a. der Insula, aber auch der Basalganglien und des frontalen Kortex mit Hypästhesien und Hypalgesien assoziiert sein könnten, jedoch ließ sich dies nicht statistisch verlässlich untermauern.
Databáze: OpenAIRE