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Lateinamerikas Wirtschaft stagniert. Die politische Unsicherheit in den wichtigsten Ökonomien, der schwächere Welthandel und die Handelsstreitigkeiten drücken die Wachstumsprognosen. Die Länder verlieren weiter den Anschluss im weltweiten Vergleich. Entwickelt sich Südamerika vom Hoffnungsträger zum Risikofaktor für die Weltwirtschaft? Carsten Hefeker, Universität Siegen, sieht Südamerika in einer tiefen demokratischen und wirtschaftlichen Krise. Die Ursachen seien in jedem Land etwas anders gelagert, aber es zeigten sich auch Gemeinsamkeiten. Neben dem massiven Verfall der Rohstoff- und Agrarproduktpreise seien die Gründe in vielen Ländern in einem Hang zu populistischer Wirtschaftspolitik einerseits und unterlassenen Reformen andererseits zu sehen, die die Stabilität untergraben und zu politischen und ökonomischen Krisen führen. Nach Ansicht von Tobias Boos und Ulrich Brand, Universität Wien, verliert Lateinamerika erneut den Anschluss. In der ersten Dekade der 2000er Jahre hatte es danach ausgesehen, als habe die Region einen dauerhaften Wachstumspfad eingeschlagen. Aber die Regierungen konnten sich nicht aus dem Teufelskreis der Ressourcenabhängigkeit befreien. Und nach dem Ende des Ressourcenbooms wurde ein neuer Zyklus der Auslandsverschuldung in Gang gesetzt. Martin T. Braml, ifo Institut, zeigt auf, dass gerade die großen lateinamerikanischen Länder Argentinien, Brasilien und Mexiko in den vergangenen drei Dekaden nicht im relativen Entwicklungsstand aufholen konnten. Hingegen sei ein wirtschaftlicher Konvergenzprozess für Chile und Uruguay, die eine starke Integration im Welthandel suchten, zu erkennen. Dies scheine Argentinien und Brasilien, den tonangebenden Staaten innerhalb des MERCOSUR, nur langsam zu gelingen. Auch deshalb biete der Abschluss des EU-MERCOSUR-Freihandelsabkommens eine einmalige Chance für die lateinamerikanischen Länder. Barbara Fritz, FU Berlin, stellt fest, dass bis vor einigen Jahren Südamerika die einzige Region war, der es gelang, Wachstum mit Umverteilung zu verbinden. Davon sei heute wenig übriggeblieben. Seit Jahren stagniere das Wachstum, die Verteilung habe sich in Ländern wie Brasilien sogar wieder verschlechtert. Mit ein Grund für diese Entwicklung sei die Verschlechterung der globalen Rahmenbedingungen seit dem Ende des »sogenannten Superbooms der Rohstoffpreise«. Zudem sei die Region massiv von den großen Handelskonflikten betroffen. Die globale Staatengemeinschaft, ebenso wie die EU, sollten hier unterstützen. Nach Ansicht von Ingrid Wehr, Heinrich-Böll-Stiftung, Santiago de Chile, sind die hohe Abhängigkeit lateinamerikanischer Volkswirtschaften von Rohstoffexporten und die wachsende Reprimarisierung des Exports ein massives Problem der Länder, die somit eher Rentenökonomien als Marktwirtschaften seien. Angelica Dominguez-Cardoza und Christoph Trebesch, Institut für Weltwirtschaft, Kiel, sehen Argentinien erneut vor einem hohen Schuldenschnitt stehen. Dieser sei nur eine Frage der Zeit. Übermäßige Staatsausgaben und eine exzessive Verschuldung in Fremdwährungen hätten die Krise herbeigeführt, gekoppelt mit hoher Inflation und einer schwachen Währung. |