Bindungsrepräsentationen bei Müttern von Jungen mit hyperkinetischen Störungen und Bindungstransmission zwischen Mutter und Sohn

Autor: Schuhmann, Franziska
Přispěvatelé: Fegert, Jörg, Wietersheim, Jörn von
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2016
Předmět:
DOI: 10.18725/oparu-4059
Popis: Immer mehr Hinweise sind für Zusammenhänge zwischen dem entwicklungspsychologischen Themengebiet der Bindungstheorie und psychischen Erkrankungen zu finden. Eine der häufigsten Psychopathologien im Kindesalter ist die „Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“ (ADHS, F90.0), von der vor allem Jungen betroffen sind. Die häufigste Komorbidität ist die Störung des Sozialverhaltens, in Kombination als „Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ (HKSSV, F90.1) bezeichnet. ADHS ist eine multifaktoriell bedingte Störung. Neben einer großen genetischen Komponente, scheinen auch speziell Eltern-Kind-Interaktionen mit der Entwicklung und Aufrechterhaltung von ADHS-Symptomen in Verbindung zu stehen. Die Bindungstheorie und ihr Verständnis von diesen können helfen, die Ätiologie und den Verlauf von hyperkinetischen Störungen zu verstehen. Somit lag der Schwerpunkt dieser Studie auf den Bindungsrepräsentationen von Müttern mit ADHS-Kindern (mit und ohne Störung des Sozialverhaltens) und der intergenerationalen Bindungstransmission in dieser klinischen Stichprobe. Teilnehmer der Studie waren 45 Mütter mit ihren Söhnen. Alle Jungen waren Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Ulm. Die Bindungsrepräsentationen der Mütter wurden mit dem Adult Attachment Interview (AAI) erfasst, die der Kinder mit dem Geschichtenergänzungsverfahren zur Bindung (GEV-B). Darüber hinaus wurden soziodemografische Angaben der Familien und psychische Belastungen der Mütter anhand von Fragebögen (Soziodemografischer Fragebogen, Brief Symptom Inventory und Wender-Utah-Rating-Scale-Kurzform) erhoben. Festgestellt werden konnte, dass der Anteil an unsicheren und unverarbeiteten Bindungsmustern der gesamten Stichprobe wesentlich höher war als bei unbelasteten Frauen einer Normstichprobe. Die Studienergebnisse konnten ebenfalls zeigen, dass Mütter von Jungen mit der Diagnose F90.1 statistisch signifikant häufiger unverarbeitete Bindungsrepräsentationen aufweisen, als Mütter von Kindern mit der Diagnose F90.0. Des Weiteren konnte dargestellt werden, dass Teilnehmerinnen mit unverarbeitetem Bindungsstatus von einer höheren psychischen Belastung berichteten, als Mütter mit verarbeitetem Bindungsstatus. Jedoch wurde nicht bestätigt, dass die Mütter der Stichprobe häufig unter ADHS-Symptomen in ihrer eigenen Kindheit litten. Intergenerationale Transmission von Bindung konnte in der Risikostichprobe nicht nachgewiesen werden. Es wurden Faktoren analysiert, die möglicherweise an der Determinierung der kindlichen Bindungsmuster beteiligt sein könnten. In Folge dessen zeigte sich ein diskussionswürdiger Zusammenhang zwischen einem hohen Bindungssicherheitswert der Jungen im GEV-B und negativen Lebensereignissen der Mütter im AAI und auffälligen Werten in der Wender-Utah-Rating-Scale-Kurz-form. Diese Korrelationen mit kleinen bis mittleren Effekten könnten durch ein besonderes Bemühen im Verhalten der Mütter begründet sein, die Folgen ihrer eigenen Belastung in der Interaktion mit ihrem Kind positiv auszugleichen. Eine praktische Relevanz der Ergebnisse zeigt sich insbesondere durch die Erkenntnisse über eine erhöhte psychische Belastung bei Müttern von Kindern mit hyperkinetischen Störungen. Vor allem war dies bei den Müttern mit unverarbeite-tem Bindungsstatus der Fall, die gehäuft in der Gruppe F90.1 vertreten waren. Es ist bekannt, dass ein Zusammenhang zwischen der Ausbildung und Aufrechterhaltung einer Störung des Sozialverhaltens und dysfunktionalem Elternverhalten besteht. Nach Abidin wirkt sich eine Zunahme der elterlichen Belastungen durch verschiedene Faktoren, wie Psychopathologien, eigene Bindungsmuster und Verhaltensauffälligkeiten des Kindes auf den Erziehungsstil aus. Je höher der Belastungsgrad der Mütter, umso dysfunktionaler ist der Erziehungsstil. Dies könnte vor allem bei stark belasteten Müttern von F90.1-Kindern der Fall sein. Umso wichtiger scheint es insbesondere diese Mütter intensiver und individueller in die Therapiekonzepte der Kinder mit einzubeziehen. Darüber hinaus könnte es auch sinnvoll sein, einigen Müttern eine eigene therapeutische Unterstützung anzubieten. Die Studie verfolgte einen explorativen Ansatz. Um die Ergebnisse zu bestätigen wären weitere Studien mit höheren Teilnehmerzahlen notwendig.
Databáze: OpenAIRE