Zur Morphologie von tödlichen Schussverletzungen bei Verwendung von Munition des Kalibers 9 mm – unter besonderer Berücksichtigung der postmortalen Computertomographie

Autor: Zaag, Ruth Elisabeth
Rok vydání: 2020
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DOI: 10.17169/refubium-27526
Popis: Die vorliegende Dissertationsschrift gibt einen Überblick der im Zeitraum vom 01.06.2007 bis zum 31.10.2014 im Institut für Rechtsmedizin der Charité obduzierten Schussverletzungen. Untersucht wurden ausschließlich Schussverletzungen im Zusammenhang mit dem Kaliber 9 mm. Dieses war als 9 mm Luger, Action 4 Polizeimunition, .38 Special und .357 Magnum vertreten. Der Fokus wurde dabei auf Kopfschussverletzungen gelegt, die mit 79,6 % der Fälle überrepräsentiert waren. Bei den Analysen der einzelnen Fälle wurden charakteristische Schussverletzungsmorphologien herausgearbeitet, unter besonderer Beachtung von Substanzdefekten an Haut und Knochen sowie der Verteilung von intrakraniellen Knochen- und Projektilfragmenten. Hierbei zeigte sich ein deutlicher Anstieg der Nachweisrate der Fragmente seit der Einführung der postmortalen Computertomographie (pmMSCT). Seit 2011 ist es dem Institut für Rechtsmedizin der Charité möglich, pmMSCT vor gerichtlichen Obduktionen durchzuführen. Somit können intrakranielle Fragmentverteilungen vor der Schädeleröffnung digital erfasst und dargestellt werden. Seit der oben genannten Einführung werden auch kleine und kleinste Splitter detektiert. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, zu prüfen, ob durch die postmortale Schnittbildgebung komplementär zur Obduktion weitere Charakteristika der Schussverletzungsmorphologien herausgearbeitet werden können. Diese sollten Rückschlüsse auf die vier betrachteten 9 mm Geschosse zulassen. Zur Ermittlung dieser munitionspezifischen Charakteristika wurde ein eigenes Haut-Schädel-Hirn-Verbundmodell entwickelt, welches aus ausgewählten Simulanzien für Haut, Knochen und Hirnmasse bestand. Ziel war insbesondere die Darstellung der Verteilung der intrakraniellen Knochen- und Projektilfragmente. Der Beschuss erfolgte als absoluter Nahschuss. Darüber hinaus wurden typische Einschussmorphologien am Verbundmodell näher betrachtet. Die ballistischen Versuchsmodelle wurden nach dem Beschuss mittels MSCT untersucht. Dabei wurde die Verteilung der Fragmente entlang des Schusskanals, sowie in einer Querschnittsansicht die Fläche der Verteilung der Fragmente um den Schusskanal dargestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Einschussmorphologien der Haut keine Hinweise auf das Geschoss zulassen. Das 9 mm-Luger-Geschoss erzeugte unterkalibergroße Schussbruchlücken, die drei anderen Geschosse hingegen mindestens kalibergroße. Die Fläche der Knochen- und Projektilfragmente, die sich um den Schusskanal verteilen, waren in der Versuchsreihe des 9 mm-Luger-Geschosses am kleinsten. Die Teilmantelgeschosse verursachten eine flächenmäßig doppelt so große Verteilung der Fragmente. Das 9 mm-Luger-Geschoss zeigte zudem den kleinsten, das Action 4 Geschoss den größten Masseverlust. Die dargestellten Ergebnisse aus der Analyse der Realfälle sowie der experimentell-ballistischen Untersuchungen erlauben es, Rückschlüsse auf die verwendete Munition im Sinne der Differenzierung zwischen Voll- und Teilmantel, als auch Polizeimunition zu ziehen. Darüber hinaus kann das 9 mm-Luger-Geschoss durch die Charakteristika der Schussbruchlücke im Ausschlussverfahren abgeleitet werden. Für weitergehende Aussagen sind nach Verbesserung des Verbundmodelles weitere experimentelle Untersuchungen mit größeren Testzahlen notwendig.
This dissertation gives an overview of gunshot wounds that have been autopsied between 01.06.2007 and 31.10.2014 at the Institute of Legal Medicine of the Charité. Gunshot wounds related to the caliber 9 mm (9 mm Luger, Action 4 Police Ammunition, .38 Special and .357 Magnum) were included, only. This study was focused on gunshot wounds of the head, which represented 79.6% of the gunshot cases. Within the individual cases, characteristic injury morphologies were investigated with special attention to substance defects on skin and bone as well as the distribution of intracranial bone and projectile fragments. There was a distinct increase in the detection rate of fragments since the introduction of postmortem computed tomography (pmMSCT). Since 2011, the Institute of Legal Medicine performs pmMSCT before judicial autopsies. Thus, intracranial fragment distributions can be digitally captured and visualized prior to skull opening. Even smallest splinters are identified since the introduction. The objective was to investigate whether postmortem imaging can reveal further complementary characteristics to the autopsy of the gunshot morphologies. Thus, allowing differentiating between the four considered projectiles. To determine these ammunition-specific characteristics, a skin-skull-brain-analog model was developed, consisting of selected simulants for each layer. The aim was to visualize the distribution of the intracranial bone and projectile fragments. The shooting was performed as an absolute close-range shot. In addition, typical shot morphologies were examined on the skin-skull-brain-model. The ballistic models were examined after the shooting by MSCT, which depicted the distribution of the fragments along and around the wound channel. The results show that gunshot morphologies of the skin do not allow an identification of the projectile. The 9 mm Luger projectile produced sub-caliber-sized bone gaps, while the bone gaps of the other three missiles were at least caliber-sized. The area of distribution of the bone and projectile fragments around the wound channel were the smallest in the experiments undertaken with 9 mm Luger projectiles. The expanding bullets caused a distribution twice as large. The 9 mm Luger bullet experienced the smallest, the Action 4 bullet the largest loss of mass. The presented results derived from the analysis of the real cases in comparison with the experimental ballistic investigations allow drawing conclusions about the used ammunition. It is possible to differentiate between full metal jacket bullets and expanding bullets, as well as police ammunition. Additionally, the 9 mm Luger projectile can be derived by the characteristics of the bone gap in an exclusion process. For more results, further experimental investigations are necessary, based on larger test numbers and an improved skin-skull-brain-model.
Databáze: OpenAIRE