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Die Anwendung von tragbare Sensorik im Bereich der Bewegungsanalyse ist mittlerweile zu einem zentralen Bestandteil in der Medizin und im Sport geworden. In den letzten Jahren befinden sich vor allem Inertiale Messeinheiten (IMU) auf dem Vormarsch. Durch die Fusion mehrerer Sensoren erlauben es IMU Systeme komplexe Informationen wie etwa Gelenkwinkel und spatio-temporale Parameter (STP) zu gewinnen. Viele der heute verfügbaren IMU Systeme befinden sich in der Entwicklungsphase und wurden noch nicht adäquat für den klinischen oder den sportspezifischen Einsatz auf Validität und Reliabilität getestet. Dieses Prozedere ist nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten unerlässlich bevor ein System zur biomechanischen Analyse herangezogen und basierend auf dessen Ergebnissen etwa klinische Entscheidungen getroffen werden können. Folglich wurde in der vorliegenden Arbeit ein neu entwickeltes IMU System, dass, basierend auf Akzelerometer und Gyroskop Daten, spatio-temporale Gangparameter und Gelenkswinkel der unteren Extremität berechnet, hinsichtlich dieser Kriterien evaluiert. Zu diesem Zweck wurden mit Hilfe dieses IMU Systems Daten von unterschiedlich dynamischen Bewegungen in zwei verschiedenen Probandengruppen, einer gesunden, jungen Gruppe und einer Gruppe mit Patienten nach totaler Hüftarthroplastik (THA), aufgenommen. Daraus wurden die 3D Winkel des Hüft-, Knie- und Sprunggelenks sowie die globale Bewegung des Beckens berechnet. Weiter wurden gangspezifische STP, z.B. Schrittlänge, Schreitlänge, Kadenz, berechnet. Aber auch STP die typischerweise nur mit alternativen Systemen zuverlässig zu messen sind, z.B. Spurbreite und Durchschwungbreite, wurden erhoben. Die Ergebnisse aus dem IMU System wurden gegen ein etabliertes Referenzsystem im Bereich der Bewegungsanalyse, in Form eines markerbasierten stereophotogrammetrischen Systems, verglichen. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen in beiden Gruppen eine starke Korrelation zwischen den Systemen in den Gelenkwinkeln der sagittalen und frontalen Ebene, sowie den STP. Es zeigte sich aber auch, dass die Übereinstimmung des IMU Systems mit dem kamerabasierten System vor allem in den Winkeln der Transversalebene, i.e. Rotationsbewegungen, und hier vor allem im Bereich des Kniegelenks leicht abnimmt. Weiter zeigte sich, dass die Genauigkeit des IMU Systems bei dynamischeren Bewegungen ebenfalls abnimmt. Bezüglich der Test-Retest Reliabilität zeigen die aktuellen Daten eine hohe Verlässlichkeit der Messergebnisse. In einem zweiten Schritt wurde mit Hilfe der Daten des nun validierten IMU Systems versucht pathologische Gangmuster, in dem konkreten Fall das Gangmuster von Patienten nach THA, von physiologischen zu differenzieren. Hierzu wurde ein Algorithmus des maschinellen Lernens angewandt um an Hand von ausgewählten, klinisch relevanten Parametern eine Klassifikation vorzunehmen. Diese Methode wurde ebenfalls sowohl an Hand von IMU Daten und Daten des Referenzsystems evaluiert. Es zeigte sich kein Unterschied in der Klassifikationsgenauigkeit zwischen den Systemen. Die Genauigkeit, mit der pathologische Gangmuster erkannt wurden, lag in beiden Fällen über 96 %. Die vorliegende Arbeit beschreibt im Detail die Vor- und Nachteile eines neu entwickelten, mobilen IMU Systems, das komplexe Parameter der Kinematik mit hoher Genauigkeit und Verlässlichkeit erfasst. Besonders die erfolgreiche Evaluierung dieses Systems in einer klinisch relevanten Applikation zeigt das große Potential von IMU Systemen in der klinischen Anwendung. |