Medikation über die Symptomlinderung hinaus bei Tumorpatienten auf einer Palliativstation : eine retrospektive Analyse

Autor: Kehrer, Anne-Sophie
Přispěvatelé: Bentz, Martin, Landwehrmeyer, Bernhard
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2020
Předmět:
Popis: Die palliativmedizinische Versorgung von Patienten spielt angesichts der steigenden Zahl an Karzinompatienten und dem demographischen Wandel eine immer größere Rolle. Mit dem zunehmenden Alter der Patienten und der dadurch bedingten Multimorbidität steigen auch die Wahrscheinlichkeit einer Polymedikation und die damit verbundenen Risiken. Um die Anzahl an Medikamenten reduzieren zu können, müssen vor allem die Substanzen analysiert werden, die nicht zu einer Symptomlinderung beitragen. Um eine solche Untersuchung bei Palliativpatienten durchzuführen, wurden die Medikamentenverordnungen von 247 konsekutiven Patienten analysiert, die von Januar 2012 bis Juni 2015 auf der Palliativstation des Städtischen Klinikums Karlsruhe behandelt wurden und die Einschlusskriterien erfüllten. Die Gesamtzahl an Medikamenten, die ein Patient zu sich nahm, betrug vor Aufnahme auf Palliativstation (Zeitpunkt A) durchschnittlich 8,1 Präparate, bei Aufnahme auf Palliativstation (Zeitpunkt B) durchschnittlich 8,8 und bei Entlassung (Zeitpunkt C) im Schnitt 8,5. Zwar änderte sich die absolute Menge der Medikamente im Vergleich der drei Zeitpunkte kaum, jedoch kam es zu einer Abnahme des Anteils an Medikamenten, die nicht primär der Symptomlinderung dienten (Zeitpunkt A: 48,9%; Zeitpunkt B: 45,2%; Zeitpunkt C: 36,8%). Die häufigsten nicht-symptomlindernden Medikamente wurden in einer zweiten Phase des Projektes genauer analysiert. Diese waren folgende Medikamentengruppen: Magen-Darm-Mittel, Antihypertensiva, sowie Antikoagulantia. Magen-Darm-Mittel: 92% der Verordnungen in dieser Gruppe waren Protonenpumpeninhibitoren (PPI). Bereits vor Aufnahme auf Palliativstation hatten 66,8% der Patienten einen PPI. Dieser Anteil stieg bis zur Entlassung auf 79% aller Patienten an, was einer Zunahme der Verschreibungen von Zeitpunkt A bis C von 18,1% entsprach. Eine kritische Untersuchung der Indikationsstellung ergab, dass bei 19,7% der PPI-Verschreibungen keine Indikation gefunden werden konnte. Antihypertensiva: Das am häufigsten verschriebene Präparat dieser Gruppe waren ß-Blocker mit einem Anteil von durchgehend ca. 45%. Im Gegensatz zu den PPI ging deren Verschreibung im Verlauf zurück (Zeitpunkt A: 37,7%, Zeitpunkt B: 35,2%, Zeitpunkt C: 30%), sodass der Anteil an ß-Blocker Verschreibungen um 20,4% sank. Innerhalb der Stichprobe war kein ß-Blocker ohne eine Indikation laut Fachinformation oder ohne dokumentierte Indikation gegeben worden. Bei 34,6% der Patienten wurde dieser aufgrund der Klinik sogar abgesetzt oder pausiert, was auf eine regelmäßige Reevaluation des Medikamentes schließen lässt. Antikoagulantia: Die häufigsten Vertreter aus dieser Gruppe waren Heparinpräparate (niedermolekulares Heparin (NMH) und unfraktioniertes Heparin (UFH)), die je nach Zeitpunkt 79-93% der Antikoagulantia ausmachten. Bei der stationären Aufnahme stieg die Verordnung von Heparinpräparaten deutlich an (Zeitpunkt A: 28,3%, Zeitpunkt B 54,7%). Bei Entlassung erhielten nur noch 16,2% der Patienten Heparinpräparate. Innerhalb der Stichprobe erhielten alle Patienten Heparinpräparate entsprechend der Indikationen laut Fachinformation. 73,5% der Patienten erhielten NMH und UFH als Thromboseprophylaxe. Diese Daten belegen, dass Palliativpatienten eine hohe Zahl an Medikamenten verordnet bekommen. Bei den PPI konnte bei etwa 20% der Patienten keine klare Indikation identifiziert werden, sodass gerade diese Medikamentengruppe bei der Verordnung kritisch überprüft werden muss. Die hohe Rate an Heparinpräparaten während des stationären Aufenthaltes und der starke Abfall der Verordnungshäufigkeit bei der Entlassung könnte dazu anregen, auch während des stationären Aufenthaltes die Indikation zur Thromboseprophylaxe kritisch zu überprüfen.
Databáze: OpenAIRE