Die Hubyâr-Aleviten. Eine Glaubensgemeinschaft in Anatolien
Autor: | Temel, Hidir, Franke, Edith (Prof. Dr.) |
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Jazyk: | němčina |
Rok vydání: | 2019 |
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Popis: | Diese religionsethnografische Arbeit bietet einen Überblick über die Hubyâr-Aleviten, eine der Glaubensgemeinschaften der Aleviten in der Türkei. In der Arbeit werden die Geschichte, die Lehre, die Bräuche, sowie die Zeremonien dieser Gemeinschaft herausgearbeitet und dokumentiert. Die zweitgrößte religiöse Gruppe in der Türkei neben sunnitischen Muslimen bildet die der Aleviten. Unter dem Terminus „Aleviten“ sind vielfältige Gemeinschaften gruppiert. Eine darunter ist die der Hubyâr-Aleviten, die eine erhebliche Anhängerschaft hat. Die alevitische Glaubensgemeinschaften werden in der Türkei als „ocak“ bezeichnet. Dieser Begriff ist nicht leicht in die englische und deutsche Sprache zu übersetzen, obwohl seine grundlegende Bedeutung „Herd“ ist. Ocak bezeichnet gleichzeitig die Familie um diesen Herd. Im Sinne einer Großfamilie wird es für die Gemeinschaften unter den Aleviten verwendet. Die Hubyâr-Aleviten erhalten ihren Namen von ihrem Gründer. Ein historischer Hubyâr, der zwischen ca. 1475 - 1582 gelebt hat, konnte (in dieser Arbeit) belegt werden. Die Geschichte des Namens und dieser Gemeinschaft gehen jedoch weiter zurück, was in der Arbeit ausführlich behandelt wurde. Orale Traditionen in der Gemeinde verbinden die Ursprünge der Gemeinschaft und ihren Gründer mit beiden großen Sufi-Meistern Ahmed Yesevî (12. Jahrhundert) und Hacı Bektaş (13. Jahrhundert). Es gibt Indizien dafür, dass ein früherer Hubyâr im dreizehnten Jahrhundert oder noch früher existierte. Die Bedeutung des Namen „Hubyâr“ ist vielfältig: „Wahrer Freund“, „inniger Freund“ und „Gottesfreund“ sind am häufigsten im Gebrauch. Der Name ist eindeutig im Sufi-Sinne zu verstehen. Die Hubyâr-Aleviten verstehen selbst dies als „wahrer Freund“. Die Familie des Gründers Hubyâr hat (belegbar ab 1455) auf dem Berg Tekeli (Tekeli Dağı, 2643 m) gelebt. Dort liegen auch das Heiligtum und sein Schrein. Der Ort ist heute ein nach ihm genanntes Dorf (Hubyâr Köyü). Die Anhänger von Hubyâr sind vor allem in den Provinzen von Tokat, Sivas, Amasya, Yozgat verdichtet, wobei auch in den Provinzen von Çorum, Erzurum, Kars, Manisa, Samsun von ihnen bewohnte Dörfer vorhanden sind. Das selbe geographische Gebiet von den erst genannten Provinzen ist das historische Zentrum der alevitischen Bewegungen seit dem 12. Jahrhundert (u.a. Babaî Aufstände). Diese Region wurde in der seldschukischen und osmanischen Zeit als "Rumeli" (Ort der Römer) bezeichnet. Hubyâr-Aleviten leben heute noch teilweise in ihren abgelegenen Dörfern, in denen sie sich in der Verfolgungszeit am besten verstecken konnten. So blieben sie lange Zeit fern aller "Entwicklungen" und Veränderungen. Bedingt durch die Migration, leben heute die Hubyâr-Aleviten weltweit verteilt. Es gibt Gemeinden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit der Industrialisierung und der türkischen Republik, die das Osmanische Reich ablöste (1923), drangen neue Normen und Lebensbedingungen ein. Diese neuen Anforderungen führten zu grundlegenden Umänderungen in der traditionellen Lebensweise und dem Glauben der Aleviten. Aufgrund dieser Bedingungen wandeln sich die Rituale einschneidend. In vielen alevitischen Dörfern sind praktische Ausübungen des Glaubens zur Seltenheit geworden. Auch die unaufhaltsame Veränderung ihres Umfeldes, u.a. durch die Migration im Inland und ins Ausland, bedroht die Glaubensvorstellungen und das Brauchtum. Die fortlaufenden und zu beobachtenden Identitätsprozesse der Aleviten in der Migration, die Praxis ihres kulturellen und sozialen Verhaltens, Diskurse zwischen Anatolien und Europa, und pragmatische Veränderungen im Glaube, Ritual und sozialem Wandel nach der Migration sind Themen dieser Arbeit. Diese Arbeit ist die erste umfangreiche monographische Untersuchung über die Hubyâr-Aleviten. This study uses methods from the ethnography of religion to portray the Hubyâr Alevi community in Turkey and to document its history, teachings, traditions, and ceremonies. Encompassing various communities, The term Alevi refers the second largest religious group of Turkey apart from Sunni Muslims. The Hubyâr Alevis are one among these groups, called ocak in Turkish, which has a significant number of members. Translating ocak into English or German is not a trivial task, but its basic meaning is „hearth“, referring also to an extended family gathered around a hearth. Thus, the ocak of Hubyâr Alevis can be understood as the family of its founder, Hubyâr, as it is common among such communities. Hubyâr was, as has been proven [in this study], a historical figure, living from ca. 1475 to 1582. The history of the group and its name goes further back, as this study also elaborates. Oral traditions among the community draw back its origins to the major Sufi saints Ahmed Yesevî (12th ct.) and Hacı Bektaş (13th ct.). As indicated by some sources, an earlier Hubyâr existed in the 13th century or even earlier. The name has manifold meanings, ranging from “True Friend” and “Intimate Friend” to “Friend of God”, which are all embedded in Sufi understandings of spirituality. Mound Tekeli (Tekeli Dağı, 2643 m), which has been a home to the family of the later Hubyâr since at least 1455, bears his shrine. The place is today a village named after him, Hubyâr Köyü). His followers today mainly inhabit the provinces Tokat, Sivas, Amasya, and Yozgat, whereas some of them also live in the provinces Çorum, Erzurum, Kars, Manisa, and Samsun. The former form the historical Rumeli region, the “home of Romans”, which has been the center of Alevi movements since the 12th century, especially in the context of the Babaî rebellion. Some Hubyâr Alevis still live in their remote villages, where their ancestors had hidden during the time of Seljuk and Ottoman persecution. This way, they kept apart from the changes of modernity. Nevertheless, Hubyâr Alevis are nowadays spread around the globe, with communities in all German speaking countries and Australia. New social norms and life conditions entered the Alevi environments with industrialization and the end of the Ottoman empire, giving way to the Turkish Republic in 1923. These events altered Alevi rituals and beliefs substantially, even threatening the survival of this branch of Shi’a Islam. Due to political circumstances, migration within and without Turkey, and the general changes of lifestyle, practicing the religion has become rare even within Alevi villages. This first extensive monographic study about Hubyâr Alevism highlights the values, which still influence the social behavior of Alevis in diaspora. To this purpose, it examines themes such as social changes after migrating, the discourses and processes of identification between Anatolia and Europe, and pragmatic adaptations of beliefs and rituals to new situations. |
Databáze: | OpenAIRE |
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