Verlegung von Schlaganfallpatienten in stationäre Rehabilitation – eine retrospektive Analyse des Prozesses und seiner Einflussfaktoren

Autor: Liebenau, Andrea
Rok vydání: 2021
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DOI: 10.17169/refubium-29345
Popis: Der Schlaganfall ist eine neurovaskuläre Erkrankung, die durch ein plötzlich einsetzendes fokalneurologisches Defizit gekennzeichnet ist und im Anschluss an die Akutbehandlung häufig Rehabilitationsmaßnahmen erfordert. An dieser Schnittstelle gibt es einen hohen Koordinierungsbedarf, um eine nahtlose Versorgung und den frühestmöglichen Beginn der Rehabilitation zu gewährleisten. Die vorliegende Arbeit beschreibt den zeitlichen Ablauf der Verlegung von Schlaganfallpatienten in eine stationäre Rehabilitationsbehandlung und identifiziert Einflussfaktoren auf Seiten des Patienten, des Akutkrankenhauses und der Krankenversicherung als Kostenträger der Rehabilitation. Als Datengrundlage für die retrospektive Analyse dienten die Controlling-Daten aus dem Krankenhausinformationssystem und die klinischen Behandlungsdokumentationen der Berliner Charité. Aus einer Jahreskohorte 2007 und 2008 stationär behandelter Schlaganfallpatienten (Hauptdiagnosen ICD-10: I60.-, I61.-, I63.-, I64.-), wurden alle Fälle ausgewählt, die gemäß § 301 SGB V mit „Entlassung in eine Rehabilitationseinrichtung“ oder „Verlegung in ein anderes Krankenhaus“ kodiert waren. Für krankenversicherte Patienten, die nach der stationären Behandlung eines erstmaligen Schlaganfalls in eine Rehabilitationsbehandlung verlegt wurden (n = 345), erfolgte eine Erfassung klinischer, soziodemografischer und Prozessdaten. Von der Beantragung bis zur Verlegung in eine Rehabilitationsmaßnahme vergehen im Median 8 Tage. Dabei gibt es weder signifikante Unterschiede zwischen privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen noch innerhalb der Gruppe der gesetzlichen Krankenversicherungen. Die von der Akutklinik beantragte Rehabilitationsmaßnahme wird in der Regel von der Krankenversicherung genehmigt. Nur bei ca. einem Viertel der Patienten erfolgt die Verlegung zum gewünschten Datum. Dies liegt zum Teil daran, dass die Rehabilitationsmaßnahme von der Akutklinik häufig sehr kurzfristig beantragt wird. Die Verlegung in eine Kooperationsklinik – mit vereinfachtem Kostenübernahme-verfahren und einer unbürokratischen Anmeldung – erfolgt bereits 5 Tage (Median) nach der Anmeldung. Ob das Akutkrankenhaus oder die Krankenversicherung nach einer Kapazität zur Rehabilitationsbehandlung sucht, hat keinen Einfluss auf die Latenz von der Anmeldung bis zur Verlegung. Auch die gleichzeitige Anmeldung in mehreren Rehabilitationskliniken beschleunigt den Prozess der Verlegung nicht. Ausgenommen davon ist eine Subgruppe von Patienten mit besonderem Behandlungsbedarf bei Verlegung, obgleich es bei ihnen von der Beantragung der Rehabilitationsmaßnahme bis zur Verlegung trotzdem nahezu doppelt so lange dauert (Median 15.5 Tage). Es fanden sich Hinweise, dass die vorhandenen Kapazitäten zur Rehabilitationsbehandlung für diese Patienten nicht ausreichend sind. Die Ergebnisse dieser Arbeit belegen den Einfluss organisatorischer Faktoren auf die Allokation von Rehabilitationsmaßnahmen und deren Beginn. Sie zeigen an der Schnittstelle zwischen Akut- und Rehabilitationsbehandlung von Schlaganfallpatienten ein deutliches Potential für Zeit- und Effizienzgewinne sowie möglicherweise für ein besseres Therapieergebnis der Patienten auf. Dafür muss der Prozess standardisiert, unbürokratisch und digital organisiert sein sowie alle am Verlegungsprozess beteiligten Institutionen umfassen.
Stroke is a neurovascular disease characterized by a sudden focal neurological deficit and often requires rehabilitation after acute treatment. At this interface in the clinical course, there is high need for coordination to ensure seamless care and early rehabilitation. This thesis describes the timing of stroke patients transfer to inpatient rehabilitation and identifies influencing factors on the side of the patient, the acute hospital and the health insurance – the cost carrier of rehabilitation. Basis for the retrospective analysis were controlling data from the hospital information system and medical records. From an annual cohort of inpatient stroke patients treated at the Berlin Charité in 2007 and 2008 (ICD-10: I60.-, I61.-, I63.-, I64.-), all cases coded with "discharge to a rehabilitation facility" or "transfer to another hospital" in accordance with § 301 SGB V were selected. Clinical, socio-demographic and process data were collected for first-time stroke patients who had health insurance and were transferred to rehabilitation after inpatient treatment (n = 345). The median time from application to rehabilitation transfer was 8 days. There are no significant differences between private and statutory health insurances or within the group of statutory health insurances. The rehabilitation measure applied for by the acute clinic is usually approved by the health insurance. Only about a quarter of patients are transferred on the desired date. However, this is also due to that the acute clinic often applies for rehabilitation at very short notice. The transfer to a cooperation clinic – with simple approval procedure and short application form – takes place 5 days (median) after application. Whether the acute hospital or the health insurance organises rehabilitation has no influence on the latency period from application to transfer. Even simultaneous registration in several rehabilitation clinics does not accelerate the transfer. Except for a subgroup of patients with special treatment needs at transfer, although it still takes almost twice as long for them from application to transfer to rehabilitation (median 15.5 days). Here the results indicate that the available rehabilitation capacities for these patients are insufficient. The results of this study demonstrate the influence of organisational factors on the allocation and start of rehabilitation measures. They show a clear potential for time and efficiency gains at the interface between acute and rehabilitation treatment of stroke patients and possibly for a better therapy outcome. To achieve this, the transfer process must be standardised, unbureaucratic and digital and must include all institutions involved.
Databáze: OpenAIRE