Das Nest als Umwelt. Eine historische Epistemologie des Nestbauinstinkts in der Schwangerschaft

Autor: Lisa Malich
Jazyk: angličtina
Rok vydání: 2020
Předmět:
Zdroj: Ntm
NTM
ISSN: 1420-9144
0036-6978
Popis: Today, many pregnancy guides mention a nesting instinct. According to this, pregnant women would be seized by an urge to create the right environment for their child, for example to buy baby equipment or clean the apartment. The concept of the nesting instinct forms a specific configuration of knowledge: While it is widespread in the popular field, it occupies a marginal position in the scientific field. In this paper, I will investigate the historical epistemology of this form of knowledge. In so doing, the following questions are addressed: How did the knowledge about a nesting instinct during pregnancy form? How was the nest as a specific natural-anthropogenic environment constructed? And to what extent do notions of gender and environment interact here? To answer these questions, the study takes the perspective of a history of knowledge in transit, in the longue durée from the nineteenth century to the present. The investigation reveals a gradual feminization of the concept of environment in the knowledge of the nesting instinct. Whereas in the nineteenth century it was often considered a male behavioral pattern and the nest was an analogy to the house, in the first decades of the twentieth century, the instinct transformed into a primarily female characteristic, with the nest representing the interior of the home. A decisive condition for this circulation of knowledge was that the nest became a 'metaphorical thing'. As such, the nest did not simply lead to naturalization, but denoted a natural-social in-between space that increasingly became the goal of female care work.In heutigen Schwangerschaftsratgebern ist oft von einem Nestbauinstinkt zu lesen. Demnach würden Schwangere von einem Trieb ergriffen, die passende Umwelt für ihr Kind zu gestalten, also Babyausstattung zu kaufen oder die Wohnung zu putzen. Dabei bildet das Konzept des Nestbauinstinkts eine spezifische Wissenskonfiguration: Während es im populären Bereich verbreitet ist, nimmt es im wissenschaftlichen Bereich eine marginale Position ein. Im vorliegenden Beitrag soll der historischen Epistemologie dieser Wissensform nachgegangen werden. Im Vordergrund stehen folgende Fragen: Wie formierte sich das Wissen um einen Nestbauinstinkt in der Schwangerschaft? Auf welche Weise wurde das Nest als spezifische natural-anthropogene Umwelt hergestellt? Und inwiefern interagieren hier Vorstellungen von Geschlecht und Umwelt? Dazu nimmt die wissensgeschichtliche Analyse die Perspektive einer longue durée vom 19. Jahrhundert bis heute ein. Die Untersuchung ergibt eine graduelle Feminisierung des Umweltkonzepts im Wissen des Nestbauinstinkts. Während er im 19. Jahrhundert oft als männliches Verhaltensmuster galt und das Nest ein Analogon zum Wohnhaus bildete, transformierte sich der Instinkt in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu einer primär weiblichen Eigenschaft, bei der das Nest für den Innenraum des Zuhauses stand. Dabei zirkulierte das Wissen zwischen verschiedenen Bereichen, wofür eine maßgebliche Bedingung war, dass sich das Nest zum ‚metaphorischen Ding‘ wandelte. Als solches führte das Nest nicht einfach zu einer Naturalisierung, sondern bezeichnete einen familiären natural-sozialen Zwischenraum, der zunehmend zum Ziel weiblich konnotierter Sorge-Arbeit wurde.
Databáze: OpenAIRE