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Im Anfangsunterricht steht üblicherweise die Arithmetik im Mittelpunkt, der Zahlbegriffserwerb, Zählen, Mengen erfassen, Zahlen zerlegen, bündeln und das Verständnis für Stellenwerte, Addition und Subtraktion natürlicher Zahlen. Algebraisches kommt nur am Rande vor, zum Beispiel bei der Betrachtung arithmetischer oder geometrischer Muster. Ganz anders der Ansatz von Davydov (1986; Dawydow, 1977), der international in den letzten Jahren zunehmend Beachtung gefunden hat (vgl. Venenciano et al., 2021): Hier beginnt der Anfangsunterricht Mathematik nicht mit Zahlen, sondern mit Größen und Beziehungen zwischen Größen. Gegenstände aus der Lebenswelt werdend miteinander verglichen hinsichtlich Höhe, Umfang, Masse, Volumen oder Anzahl. Die entsprechenden Relationen werden ikonisch durch gleich oder unterschiedlich lange Strecken und symbolisch mit Variablen und Relationszeichen (z. B. A>B oder K=T) dargestellt. Die Kinder lernen Variable kennen, bevor sie Zahlen schreiben können. Zahlen werden als Verhältnisse von Größen zu Maßeinheiten eingeführt (z. B. gibt die Zahl 3 das Verhältnis des Volumens eines Gefäßes zum Volumen des kleineren Gefäßes, das zum Messen benutzt wird, an). Diese Definition passt nicht nur für natürliche, sondern auch für rationale Zahlen, die den Kindern somit von Anfang an zur Verfügung stehen. (Vgl. zu den angeführten Beispielen Davydov et al., 2019, S. 19, 30, 45). Dieses Vorgehen widerspricht der von den Bildungsstandards (Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland, 2005) nahegelegten Vorgehensweise, wie sie in Rahmenlehrplänen (z. B. für Berlin und Brandenburg, LISUM, 2015) umgesetzt wird. Welchen Sinn − außer allgemeiner Horizonterweiterung − kann es haben, dass sich Studierende des Primarstufenlehramts Mathematik mit Davydovs Ansatz beschäftigen? |