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Hintergrund: Da sich die Überlebensrate der Patienten mit angeborenen Herzfehlern (AHF) durch die Fortentwicklung der diagnostischen, medikamentösen und chirurgischen Versorgung in den vergangenen 30 Jahren kontinuierlich verbessert hat und inzwischen mehr als 90% aller Patienten mit AHF das Erwachsenenalter erreichen, gewinnt eine primärpräventive Förderung der körperlichen Aktivität zur Reduktion von kardiovaskulären Risikofaktoren zunehmend an Bedeutung. Auch Kinder und Jugendliche mit AHF sollten im Allgemeinen die Empfehlungen der World Health Organization (WHO) zur körperlichen Aktivität (60 Minuten tägliche Aktivität) berücksichtigen. Wissenschaftliche Untersuchungen, ob dies im Alltag tatsächlich umgesetzt wird, existieren bisher nur mit geringer Fallzahl. Um repräsentative Daten über den tatsächlichen Aktivitätszustand und das Sportverhalten von Kindern und Jugendlichen mit AHF in Deutschland zu erhalten, sowie potenzielle Einflussfaktoren auf die Gesamtaktivität zu untersuchen, wurde die vorliegende Studie durchgeführt. Methodik: Datengrundlage bildet eine nicht-interventionelle Querschnittstudie, die von Januar bis März 2018 in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Register für angeborene Herzfehler und dem Karlsruher Institut für Technologie online durchgeführt wurde. Patienten mit AHF im Alter von 6 bis 17 Jahren, die in dem nationalen Register für angeborene Herzfehler registriert waren, wurden per E-Mail zur Studie eingeladen. Es erfolgte die differenzierte Abfrage der körperlichen Aktivität basierend auf dem validierten Fragebogen der Motorik-Modul-Studie (MoMo), einem Teilmodul des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert Koch-Instituts. Der Fragebogen wurde durch 8 zusätzliche Fragen zur ärztlichen Betreuung erweitert. Ergänzende Informationen zur Krankengeschichte waren in der Datenbank des Nationalen Registers für angeborene Herzfehler verfügbar. Als Referenzkollektiv dienten Fragebogen-Daten von 3385 gleichaltrigen Teilnehmern der MoMo-/KiGGS-Studie. Ergebnisse: Insgesamt konnten 1198 vollständige Datensätze von Patienten mit AHF (mittleres Alter: 11,6 ± 3,1 Jahre) ausgewertet werden. Die Gesamtaktivität der Patienten mit AHF war um 0,62 Tage pro Woche (p < 0,001) signifikant geringer als die des Referenzkollektivs. Ebenso erfüllten die Patienten mit AHF (8,8%) die WHO-Richtlinie zur körperlichen Aktivität seltener als das Referenzkollektiv (12%). Dabei wies ein hoher Anteil der Patienten mit AHF eine ärztlich verordnete Einschränkung des Freizeitsports auf: 49,2% der Patienten mit komplexen AHF, 31,7% der Patienten mit moderaten AHF und immerhin 55 auch 13,1% der Patienten mit einfachen AHF erhielten vom betreuenden Arzt eine Sportbeschränkung verordnet. Bei der Analyse der Einflussfaktoren auf die Gesamtaktivität konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden: Die ärztlich verordneten Einschränkungen des Freizeitsports zeigten signifikant negative Auswirkungen auf die Gesamtaktivität (p < 0,05). Die Patienten mit Sporteinschränkung waren im Mittel 0,29 Tage pro Woche weniger aktiv als die Patienten ohne ärztlich angeratene Einschränkung des Sportverhaltens. Die Sportaktivität des Vaters beeinflusste die Gesamtaktivität der Patienten mit AHF positiv, Patienten mit einem sportlich aktiven Vater betätigten sich durchschnittlich 0,22 Tage pro Woche mehr als Patienten ohne sportlich aktiven Vater (p < 0,05). Sowohl die Sportaktivität der Mutter als auch das Leben außerhalb von Stadtgebieten zeigten keinen signifikanten Einfluss auf die Gesamtaktivität der Patienten mit AHF. Hingegen beeinflusste die Freude an Bewegung die Gesamtaktivität stark positiv (p < 0,001). Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie zeigt, dass Patienten mit AHF weniger körperlich aktiv sind als die herzgesunde Bevölkerung. Die eingeschränkte Gesamtaktivität des Patientenkollektivs wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, unter anderem durch eine hohe Rate an ärztlich verordneten Sporteinschränkungen. Die Steigerung der Freude an Bewegung sowie familienbasierte Interventionen könnten einen geeigneten Ansatzpunkt zur Förderung der Gesamtaktivität darstellen. |