et subito lupus factus est: Linguistische und metrische Untersuchungen zu Petrons Werwolfgeschichte (Petron. 61-62)

Autor: Becker, Niels
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2017
Předmět:
Popis: Zu den eindrucksvollsten Passagen in Petrons Satyrica zählt ohne Zweifel die von Niceros erzählte Werwolfgeschichte (61, 3 - 62, 14). Doch im Gegensatz zu den längeren Novellen über die Witwe von Ephesus und den Knaben von Pergamon hat diese Erzählung in der Forschung bisher vergleichsweise wenig Beachtung gefunden. Mehr noch als für die Untersuchung literaturwissenschaftlicher Aspekte gilt dies für die sprachwissenschaftliche Analyse des von Niceros verwendeten Lateins. In der vorliegenden Studie wird daher erstmals die Sprache der Werwolfgeschichte einer umfassenden Untersuchung unterworfen, wobei alle Ebenen des linguistischen Systems (Phonologie, Lexik, Morphosyntax) Berücksichtigung finden. Im Zentrum aller Untersuchungen steht die Frage nach der Abweichung der einzelnen sprachlichen Merkmale von der Norm des literarischen Lateins und der urbanen Ausdrucksweise der Gebildeten. Um zu möglichst belastbaren Aussagen zu gelangen, werden die linguistischen Gegebenheiten der Werwolfgeschichte mit der Situation in den übrigen – vulgärsprachlichen wie urbanen – Partien des Romans, in den Werken anderer lateinischer Autoren und in den romanischen Sprachen verglichen. Über die außerliterarische Verbreitung bestimmter Merkmale erteilen die pompejanischen Inschriften und die Briefe des Claudius Terentianus Auskunft. Die Untersuchung des Textes beschränkt sich jedoch nicht auf rein linguistische Aspekte, sondern berücksichtigt auch die literarische Verfasstheit der Werwolf-Novelle und den situativen Kontext, in dem sie erzählt wird. In einer ergänzenden metrischen Analyse wird erstmals die von Petron in der Werwolfgeschichte verwendete Satzschlusstechnik untersucht. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Niceros' Ausdrucksweise – trotz ihres unverkennbar volkssprachlichen Charakters, der sich vor allem im Bereich der Lexik zu erkennen gibt – deutlich weniger von den Normen des literarischen Lateins abweicht als die Sprache der anderen Freigelassenen. Gerade im Bereich der Morphosyntax weist die Werwolfgeschichte mehrere Beispiele für einen auffallend urbanen Sprachgebrauch auf. Der Grund für diese eigentümliche Mischung volkssprachlicher und urbaner Charakteristika ist der situative Kontext, in dem die Novelle erzählt wird: Niceros fürchtet sich davor, von den sozial wie intellektuell überlegenen scholastici verlacht zu werden (timeo istos scholasticos, ne me [de]rideant [61, 4]). Er bemüht sich daher – im Rahmen seiner begrenzten sprachlichen Möglichkeiten – um eine möglichst gewählte Ausdrucksweise und versucht so, seine Souveränität als Erzähler gegenüber den scholastici zu betonen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die literarische und die sprachliche Form des Textes als zwei Aspekte einer – im sprachwissenschaftlichen Sinne – pragmatischen Reaktion auf eine von sozialer und intellektueller Ungleichheit geprägte Vortragssituation. Niceros' Ausdrucksweise ist die logische Folge einer situativ bedingten Modifizierung seiner grundsätzlich volkssprachlichen Ausdrucksweise. Die metrische Analyse des Textes ergibt, dass die Werwolfgeschichte – anders als Bret Boyce in seiner Monographie über die Spache der Freigelassenen behauptet – keine signifikant hohe Zahl akzentuierender Klauseln enthält. Die Studie wurde im Sommer 2014 abgeschlossen.
Databáze: OpenAIRE