Zum unmittelbaren Einfluss aktiver Unterkieferbewegungen und manueller Untersuchungstechniken auf den einseitigen, chronischen Tinnitus
Autor: | Hoheisel, Marcel, Lotzmann, Ulrich (Prof. Dr.) |
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Jazyk: | němčina |
Rok vydání: | 2019 |
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DOI: | 10.17192/z2019.0294 |
Popis: | The exact connection between the temporomandibular joint (TMJ) and ear- symptoms such as tinnitus has not yet been fully investigated despite numerous clinical studies and several observations. The aim of this study was to investigate, if manual TMJ manipulations of 24 pa- tients have influence on the intensity or quality of their unilateral, chronic tinni- tus. Therefore the condyles were actively and passively put into their boundary positions and the “manual tinnitus-test” according to Schünemann (MTT) was implemented also to prove the hypothesis of a direction-dependent impact. Tin- nitus intensity was recorded at any position of the mandible by means of the numerical analogue scale (NAS), using 0.5 increments. In addition the cranio- mandibular system (CMS) of the subjects was examined for dysfunctions. In contrast to previous studies not only the influence of ear noises through jaw- movement or the occurrence of temporomandibular dysfuctions among tinnitus patients was investigated, but both and their correlations were examined statistically. A large proportion of the examined subjects recorded a short-term change in their one-sided, chronic tinnitus due to different jaw (border-) movements and provocation techniques. The MTT was the most effective of all manipulations and was able to immediately improve tinnitus intensity about 39% on average. Also the ipsilateral distraction (21%) and the bimanual manipulation, as most notable by Dawson (14%), showed clear decrease of the tinnitus intensity. Max- imum teeth clenching brought a mean increasement of 7%, with the laterotru- sion under opposing force a rise of intensity of 16.5% was observed. In two subjects tinnitus could not be influenced by active or passive jaw-movements nor by MTT. The most frequent TMD symptoms in our study population included tongue im- pressions (87.5%), dorsal arthralgia of the ipsilateral TMJ (75%), myalgia of the masseter (71%) and temporalis muscle (50%) as well as lateral arthralgia (62.5%), headache (46%) and anterior disc displacements in the TMJ (42%). If a rotating distraction of the mandible (MTT part 1) stretches the masseter and temporalis muscles to the extent that the sphenomandibular ligament and anterior ligament of the malleus can be tightened, motion of the auditory ossicles across jaw movements is possible (MTT part 2). The two mentioned ligaments form the tympanomandibular ligament, a relict of the embryological mandible. If it is possible to manipulate the position of the auditory ossicles, the oval window could be moved over the stapedial bone and peri- and endolmph shifts could be induced. These displacements might lead to a temporary release of a perma- nent contact between the tectorial membrane and inner hair cells, which is re- sponsible for the perception of sounds without an actual external sound source (tinnitus). According to osteopathic concepts this effect should be strengthened by an uprighting of the temporal bone (MTT part 2), since in this way the cere- bellar tentorium is used to manipulate the endolymph in the endolymphatic sac. Considering that the MTT provides the most effective and reliable way to imme- diately improve the subjective volume of a tinnitus over the jaw, tinnitus could temporarily be reduced or canceled by the described mechanism. Further stud- ies will have to examine whether the MTT can be used as a diagnostic tool to evaluate the treatment prospects of dental functional therapies in tinnitus. As already shown in previous studies our study results suggest a functional re- lationship between the temporomandibular joint and tinnitus. Therfore we sup- port the widespread hypothesis that tinnitus can be improved immediately and maybe even in a sustained manner through a functional rehabilitation of the stomatognatic system. The discussed biomechanical model for tinnitus devel- opment is understood as an additional notion of the etiology of a somatic tinni- tus. Further investigations are necessary to concretize the connections and to derive if possible long-acting therapeutic approaches, also with regard to other ear symptoms such as vertigo, hearing-impairement and sudden hearing-loss. Neuronal, neuromuscular, ligamentous, muscular and osseous structures need to be examined for their context. Der genaue Zusammenhang zwischen Kiefergelenk und Ohrsymptomen wie Tinnitus konnte bis heute trotz zahlreicher klinischer Studien und multiplen Be- obachtungen nicht vollständig geklärt werden. Aus diesem Grund beschäftigt sich die Tinnitusforschung, auch seitens der Zahnmedizin, seit vielen Jahren mit diesem Problem. Material und Methode: Mit der vorliegenden Pilotstudie wurde an 24 Probanden die Möglichkeit ge- prüft, ob mittels aktiver Unterkieferbewegungen und passiver manueller Mani- pulation der Kiefergelenke ein direkter und unmittelbarer Einfluss auf den ein- seitigen, chronischen Tinnitus (Lautheitsveränderung o.Ä.) erreichbar ist. Die Kondylen der Tinnituspatienten wurden dafür sowohl aktiv als auch passiv in alle möglichen Grenzpositionen gebracht und der Manuelle Tinnitus-Test nach Schünemann (MTT) durchgeführt. Es sollte damit die Hypothese einer rich- tungsabhängigen Beeinflussung der Ohrtöne geprüft werden. In jeder provo- zierten Position der Mandibula wurden unter Zuhilfenahme der numerischen Analogskala (NAS) subjektive Unterschiede in der Tinnitusperzeption dokumen- tiert. Zudem wurde das craniomandibuläre System der Probanden auf Dysfunk- tionen untersucht und in Abgrenzung zu vorherigen Studien nicht nur die Beein- flussbarkeit von Ohrgeräuschen durch Kieferbewegungen oder das Vorkommen von craniomandibulären Dysfunktionen unter Tinnituspatienten untersucht, vielmehr beides und deren Korrelationen statistisch geprüft. Ergebnisse: Ein Großteil der untersuchten Probanden erreichte durch die verschiedenen Kiefer(-grenz-)positionen und Provokationstechniken eine kurzzeitige Verände- rung seines einseitigen, chronischen Tinnitus. Der MTT war unter allen Manipu- lationstechniken am effektvollsten und konnte einen Tinnitus unmittelbar und kurzzeitig um durchschnittlich ca. 39% verbessern. Auch die ispilaterale Trakti- on (21%) und der Dawson-Griff (14%) erreichten ein deutliches Nachlassen der Tinnitusintensität. Pressten die Probanden ihre Zähne maximal aufeinander, wurde der Tinnitus im Mittel knapp 7% lauter, bei der Laterotrusion unter Gegenkraft verzeichneten wir überdies einen kurzzeitigen Intensitätsanstieg von 16,5%. Bei zwei Probanden konnte der Tinnitus weder über aktive oder passive Unterkieferbewegungen, noch über den MTT beeinflusst werden. Zu den häu- figsten CMD-Symptomen in unserem Probandenkollektiv zählten Zungeninden- titionen (87,5%), dorsale Arthralgien des ipsilateralen Kiefergelenks (75%), My- algien der Mm. masseteres (71%) und temporales (50%) sowie laterale Arthral- gien (62,5%), Kopfschmerzen (46%) und anteriore Diskusdislokationen mit Reposition im gleichseitigen Kiefergelenk (42%). Diskussion: Dehnt man mittels rotierender Traktion (MTT Teil 1) die Mm. masseteres und temporales in dem Maße, dass über die Mandibula das Lig. sphenomandibulare und darüber das Lig. mallei ant. gespannt wird (MTT Teil 2), wäre eine Bewe- gung der Gehörknöchelchen über den Kiefer denkbar. Die beiden genannten Bänder bilden gemeinsam das tympanomandibuläre Band, ein Relikt des emb- ryologischen Unterkiefers. Ist man in der Lage, die Position der Gehörknöchel- chen entsprechend zu manipulieren, könnte über die Steigbügelplatte das ovale Fenster bewegt und Peri- und Endolymphverschiebungen induziert werden. Diese Verschiebungen könnten demnach einen dauerhaften Kontakt zwischen Tektorialmembran und inneren Haarzellen vorübergehend aufheben, welcher für die Wahrnehmung von Tönen ohne eine tatsächliche externe Schallquelle (Tinnitus) verantwortlich ist. Dieser Effekt könnte gemäß osteopathischem Kon- zept durch ein Aufrichten des Os temporale (MTT Teil 2) verstärkt werden, da auf diesem Weg das Tentorium cerebelli genutzt wird, um Endolymphe im Sac- cus endolymphaticus zu manipulieren. Der MTT bietet die effektivste und zuverlässigste Möglichkeit, die subjektive Lautstärke eines Tinnitus über den Kiefer kurzzeitig zu verbessern. Ohrtöne könnten daher über den beschriebenen Mechanismus vorrübergehend redu- ziert bzw. aufgehoben werden. In weiteren Studien soll überprüft werden, ob der MTT als diagnostisches Instrument nutzbar ist, die Therapieprognose von zahnärztlichen Funktionstherapien bei Tinnitus zu bewerten. Die vorliegenden Studienergebnisse lassen, wie bereits in vorherigen Studien gezeigt, einen funktionellen Zusammenhang zwischen Kiefergelenk und Tinnitus vermuten. Daher stützen diese Ergebnisse die verbreitete Hypothese, dass Tinnitus in vielen Fällen über eine funktionelle Rehabilitation des stomato- gnathen Systems kurzzeitig und unmittelbar verbessert werden kann. Damit könnte es Optionen zur Therapie geben. Das diskutierte biomechanische Mo- dell zur Genese eines Tinnitus soll als ergänzender Gedanke zur Ätiologie ei- nes somatischen Tinnitus verstanden werden. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um die Zusammenhänge zu konkretisieren und gegebenenfalls auch längerfristig wirksame therapeutische Ansätze abzuleiten, auch in Hinblick auf andere Ohrsymptome wie Schwindel, Hörminderung und Hörstürze. Dabei sollen neuronale, neuromuskuläre und die o.g. ligamentären, muskulären und ossären Strukturen auf ihre Zusammenhänge überprüft werden. |
Databáze: | OpenAIRE |
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