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Zusammenhangen zwischen deutscher Identitat und dem Zusammenleben mit Fremden wurde im offentlichen Raum bisher nicht so intensive und dauerhafte Beachtung geschenkt, das man von einem eigenen Diskursfeld sprechen konnte. Zwar haben Politiker, Wissenschaftler, Publizisten, selbst Literaten, immer wieder einzelne Thesen vorgetragen, doch waren sie immer Teil zweier umfassenderer Diskurse, die die (west)deutsche Offentlichkeit seit den 1980er Jahren beschaftigten: Der eine galt dem Thema „deutsche Nation“ bzw. „deutsche Identitat“1, der andere dem Themenkomplex „Einwanderung“, „multikulturelle Gesellschaft“ und „Fremdenfeindlichkeit“. Beide Diskursfelder waren in Deutschland in hohem Mase ideologieanfallig und mit normativen Vorgaben durchsetzt. So stand das Thema „Nation“ bis weit in die 1980er Jahre hinein unter einer Art Bann (vgl. Honolka 1987): Fur Liberale wie fur die Linke befand sich nationales Denken in der Nahe von Nationalismus und volkischem Rassismus. Selbst Konservative hielten sich beim Thema Nation zuruck, sei es wegen der Indienstnahme nationaler Gefuhle im Nationalsozialismus, sei es wegen bundnispolitischer Bedenken gegen ein deutsches Sonderbewustsein. Auf Seiten der Linken kam der alte Argwohn hinzu, das nationales Denken von Klassen- und Verteilungskonflikten ablenke. Von wenigen rechtskonservativen Stimmen abgesehen, war man sich in allen politischen Lagern in dem pauschalen Urteil einig, das nationales Denken ausgrenze und Feindbilder stifte und daher schadlich sein musse: schadlich fur das europaische Zusammenwachsen wie fur das Zusammenleben mit den erwunschten Arbeitsimmigranten. Nationale Identitat erschien in der veroffentlichten Meinung als eine Art storendes Auslaufmodell. |