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Der amerikanische Philosoph Harry G. Frankfurt besteht auf der klaren Unterscheidung zwischen Lüge und Bullshit. Der Lügner kenne die Wahrheit, sage aber bewusst die Unwahrheit, um sein Gegenüber zu täuschen. Indem er das tut, erkennt er zumindest an, dass es eine Wahrheit gibt. Dem «bullshitter» hingegen sei die Wahrheit gleichgültig; ihm ginge es allein darum, bedeutend zu klingen und sein Gegenüber zu beeindrucken und von seiner Meinung zu überzeugen.1 Einst war solch ruchloses Verhalten in den Wissenschaften – und insbesondere in den paradiesischen Gärten der Ideengeschichte – streng verboten. Zutritt erhielt nur, wer mit der Hand auf den Geschichtlichen Grundbegriffen den Schwur ablegte, jeglichem terminologischem Humbug auf immer zu entsagen. Damals tauschten sich die Gebildeten ohne jegliche semantische Reibungsverluste aus. Die Worte, die aus ihren Mündern strömten, waren klar wie eine Quelle in den Bergen. Doch irgendwann – vielleicht in den späten Nachmittagsstunden einer Fachtagung, am dritten Tag eines Blockseminars oder in der Schlussphase der kollektiven Abfassung eines Förderantrags – muss sich eine Schlange in den blühenden Garten geschlichen und den Wissenschaftler von den verbotenen Früchten terminologischer Sünden zu kosten gegeben haben. |