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“Deutschland. Ein Wintermarchen” war der klassische Renner im Vormarz und ist bis heute Heines popularste Dichtung geblieben.1 Ein amusantes Paradox blitzt aus ihrer uberaus vielseitigen Wirkungsgeschichte auf: Umso ‘hymnischer’ die Begeisterung fur den ‘revolutionaren’ Gehalt des Textes sich ausspricht, desto krasser hebt sich davon ab, das uber den beruhmtesten Gestus des Gedichts Schweigen herrscht. Er scheint den mitreisenden Zug der Verse an ein Versprechen zu binden: “Ein neues Lied, ein besseres Lied, O Freunde, will ich Euch dichten...”. Ware je ein Nachdenken an die Form und das Motiv dieser Verse geknupft worden, man hatte nicht mehr bruchlos die Lesart fortsetzen konnen, der Poet, Spezialist fur kunstlerische Gestaltung, habe seine Sprache mit dem Programm des Kollektivs, das die gerechten Kampfe kampft, geradezu identifiziert. “... Wir wollen hier auf Erden schon Das Himmelreich errichten.” Als Heine-Kommentator, obwohl auf die Autonomie des poetischen Tons der Verse bedacht, habe ich selber den Stolperstein, der dieser schone Gestus ist, nicht bemerkt.2 Wenn dieses “ich will” ein Versprechen war, warum dann keine Spur im spateren Werk, die auf den Versuch einer Einlosung wiese? Denn es gibt das Versprochene ja nicht, weder in Reden noch in Schriften des Autors. |