'’Wien ist die schönste Stadt der Welt’ sagte ein Zagreber Kostümmann zu mir, derweil er mir den Judenstern provisorisch am Mantel befestigt.' – Die Darstellung der Juden im Wien der achtziger Jahre in Robert Schindels Roman Gebürtig

Autor: Alfred Strasser
Rok vydání: 2008
Zdroj: Germanica. :209-221
ISSN: 2107-0784
0984-2632
DOI: 10.4000/germanica.532
Popis: Robert Schindel thematisiert in seinem Roman Geburtig (1992) verschiedene Aspekte des Zusammenlebens von Juden und Nichtjuden in Osterreich und Deutschland in der ersten Halfte der neuzehnhundertachtziger Jahre. Der Roman wird aus drei Perspektiven erzahlt: Die erste Erzahlperspektive ist die der Juden, die nicht mehr Opfer von Deportationen geworden sind. Das Verhaltnis der Nichtjuden zu ihnen ist charakterisiert durch Unkenntnis und Unverstandnis, was nicht nur das gemeinsame Erinnern an die Vergangenheit schwierig macht, sondern auch das tagliche Leben. Die zweite Erzahlperspektive ist die des linksliberalen deutschen Intellektuellen Konrad Sachs, dessen Vater einer der fuhrenden Nazis war und der wegen seiner Abstammung von qualenden Schuldgefuhlen geplagt wird. Die dritte Perspektive ist die von Herrmann Gebirtig, einem Uberlebenden der Shoa, der sich nach seiner Befreiung in New York niedergelassen hat und Osterreich nie wieder betreten will. Gebirtig wird seinem Prinzip untreu, er kehrt nach Wien zuruck und hat sogar vor, sich dort niederzulassen, weil er glaubt, die Osterreicher hatten sich in ihrer Haltung den Juden gegenuber geandert. Kurz darauf muss er aber einsehen, dass er sich geirrt hat, und reist wieder ab. Konrad Sachs kann sich durch die Publikation eines Buches uber seinen Vater von seinen Schuldgefuhlen befreien, hingegen mussen Danny Demant und die anderen Juden seines Alters erkennen, dass sie nicht wirklich in die Wiener Gesellschaft integriert sind und ihnen immer noch symbolisch der Judenstern angeheftet wird.
Databáze: OpenAIRE