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Erziehung und Bildung der Frau standen zu der Zeit, als Frauen vermehrt Romane zu schreiben begannen, ganz unter dem Einflus Rousseaus und der Geschlechtscharaktertheorie. Jean-Jacques Rousseau geht in seinem Erziehungsroman Emile (1762) von der naturlichen Unterlegenheit der Frau aus und ist davon uberzeugt, das die Frau nur des Mannes wegen da sei. Deshalb besitze sie keinen bildungsmasigen Eigenwert. Da seiner Ansicht nach die Frau ganz wesentlich durch ihr Geschlecht bestimmt ist, seien fur die Frau Ehe und Familie das ganze Dasein. In der Madchenpadagogik sei keine Erziehung zur Unabhangigkeit notig, denn Abhangigkeit sei ein den Frauen naturlicher Zustand. Schlieslich solle die Erziehung der Madchen eine Erziehung zur Liebe sein (Liebe als caritas, als dienendes Lieben) als Vorbereitung auf das Dasein als Gattin und Mutter. Eine Generation spater empfiehlt Johann Heinrich Campe — er sei stellvertretend fur viele andere genannt — in seinem Vaterlichen Rath fur meine Tochter (1788) den Frauen ein »Entsagungsprogramm, das ein hohes Mas an Affektkontrolle bzw. Selbstverleugnung verlangt« (Kleinau/Opitz 1996, I, S. 332). An Kenntnissen brauchten Frauen nur das zu erwerben, was fur den hauslichen Gebrauch notwendig sei; eine asthetische Erziehung und das Erlernen von Sprachen lehnt Campe entschieden ab. Ziel seiner Ausfuhrungen und derjenigen zahlreicher Gesinnungsgenossen ist es, die Frauen in Abhangigkeit zu halten, was ausfuhrlich mit ihrer korperlichen Konstitution, ihrer Reproduktionsfahigkeit und mit der gottgewollten hierarchischen Ordnung begrundet wird. |