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Theoretischer Hintergrund: Mit der verlängerten Lebenserwartung und dem gleichzeitigen Geburtenrückgang wird die Zahl der älteren Menschen, hauptsächlich in den Industrieländern, immer größer. Zu der häufigsten psychiatrischen Erkrankung im Alter gehört, neben der Demenz, die Depression. Parallel dazu steigt, besonders bei älteren Männern, das Suizidrisiko exponentiell an. 10-15% der über 65jährigen leiden an Depressionen und in Alters- und Pflegeheimen sogar 30-40%. Gerade bei älteren Menschen besteht ein besonders großes Defizit bezüglich Diagnose und Therapie depressiver Erkrankungen. Pflegekräfte in den Senioren- und Pflegeheimen sind oft die wichtigsten Personen im Umgang mit den älteren Bewohnern. Physische und/oder psychische Befindlichkeits-störungen werden zuerst von ihnen beobachtet. Sie haben somit eine wichtige Ver-mittlerfunktion zwischen Bewohnern, Angehörigen und Arzt. Ziel der in der vorliegenden Studie durchgeführten Interventionsmaßnahme „Fortbildung“: Ziel der Fortbildungen war es, das Wissen der Altenpflegekräfte über die Krankheit zu erweitern, was auch ein besseres Erkennen von Suizidabsichten einschließt. Da-durch sollten die Mitarbeiter im Seniorenpflegebereich in noch größerem Umfang für das Erkrankungsbild der Depression im Alter qualifiziert und sensibilisiert werden sowie in ihrer wichtigen Vermittlerfunktion unterstützt werden, um dadurch einen wichtigen Beitrag zur Depressions- und Suizidprävention im Altenpflegebereich zu leisten. Methodik: Innerhalb des „Nürnberger Bündnisses gegen Depression“, eines zweijährigen de-pressions- und suizidpräventiven Programms, welches im Rahmen des „Kompetenz-netzes Depression, Suizidalität“, gefördert vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung stattfand, erhielten in Nürnberg, laut Pflegestatistik des Bayerischen Lan-desamtes für Statistik, 43,4% der in den Heimen beschäftigten Pflegekräften eine kostenlose vierstündige Fortbildung zum Thema „Depression und Suizidalität“. Zur Kontrolle wurde in München ebenfalls eine Auswahl von Alten- und Pflegehei-men kontaktiert und für deren Mitarbeiter Fortbildungen durchgeführt. Insgesamt wurden 24 Fortbildungen für 374 Pflegekräfte von einer Psychogerontolo-gin und einem Facharzt für Psychiatrie durchgeführt. Die Fortbildung fand in der Ar-beitszeit der Pflegekräfte statt und war für sie kostenlos. Durch einen standardisierten Fragebogen vor und unmittelbar nach der Fortbildung wurden die Outcome-Parameter Wissen und Einstellungen zu Depression und Suizi-dalität im Alter erfasst. Zur Evaluierung eines Langzeiterfolges wurde nach drei Mo-naten ein Follow-up (Rücklaufquote = 58%) dieser Befragung durchgeführt. Für die Fortbildung wurde ein spezifisches Konzept ausgearbeitet, das didaktische Methodenvielfalt und interaktive Elemente berücksichtigte (z.B. Rollenspiele). Ergebnisse: Altenpflegekräfte haben hinsichtlich depressiver Störungen und suizidalen Ver-haltens älterer Menschen erhebliche Wissensdefizite. Vergleiche der Prä-, Post- und Follow-up-Erhebungen zeigen einen überwiegend kurzfristigen signifikanten Wis-senszuwachs. So zeigten sich signifikante Verbesserungen hinsichtlich des Wissens über die bio-logische Bedingtheit von Depressionen, während soziale und/oder psychologische Aspekte schon vor den Schulungen als wichtig erachtet wurden. Besonders großen Wissenszuwachs erzielten die Schulungen im Bereich der Phar-makotherapie. Nach der Fortbildung und im Follow-up wurde die Pharmakobehand-lung mit Antidepressiva als wesentlich geeigneter eingeschätzt. Eine repräsentative Erfassung von Veränderungen bei Verschreibungsprofilen war nicht möglich. Einstellungen zu „Suizid im Alter“ konnten verändert werden. Vor allem der Aussage, dass Suizide meist Folge einer psychiatrischen Erkrankung sind, stimmten nach der Fortbildung signifikant mehr Pflegekräfte zu. Schlussfolgerungen: Die Wirksamkeit der Fortbildung zu fachspezifischem Wissen, insbesondere zur bio-logischen Bedingtheit und pharmakologischen Behandlung von Altersdepression, konnte langfristig belegt werden. Fortbildungen zum Thema „Depression, Suizidalität“ für Altenpflegekräfte können somit zur Wissenserweiterung beitragen. Wünschenswert ist es, dass dadurch die Altenpflegekräfte ihre Handlungskompetenzen in der Depressions- und Suizidprävention bzw. zur Optimierung von Diagnose und Therapie der Depression bei älteren Menschen mittel- und langfristig erweitern können. |