Einbindung polizeilicher Tat- und Täterwahrnehmungen in die forensische Schuldfähigkeitsbegutachtung

Autor: Nils Sauer, Anja Lenz, Stefanie Kemme
Rok vydání: 2022
Předmět:
Zdroj: Rechtspsychologie. 8:196-218
ISSN: 2365-1083
DOI: 10.5771/2365-1083-2022-2-196
Popis: Bei Zweifeln an der Schuldfähigkeit Tatverdächtiger erstellen psychiatrische Sachverständige forensische Gutachten. Diese spielen eine elementare Rolle vor Gericht, da sie richterliche Entscheidungen erheblich beeinflussen können. Jedoch ist die Begutachtung nur retrospektiv möglich. Polizisten und Polizistinnen erleben das Verhalten der Tatverdächtigen dagegen unmittelbar und erhalten so einen originären Eindruck der Personen. Dennoch wurde die Rolle der Polizei im Begutachtungsprozess bisher kaum untersucht. Daher stellt sich die Frage, welchen konkreten Beitrag die Polizeiarbeit zur Feststellung der Schuldfähigkeit leistet und wie sie sich optimieren lässt, um die forensische Begutachtung effektiv zu unterstützen. Zur Beantwortung dieser Fragen wurden fünf explorative Interviews mit psychiatrischen Sachverständigen geführt und Schlüsselfaktoren für die Einbindung der Polizei bei der forensischen Schuldfähigkeitsbegutachtung identifiziert. Die Ergebnisse zeigen, dass der polizeilichen Wahrnehmung eine elementare Rolle bei der forensischen Begutachtung zugeschrieben wird. Als Verbesserungsmöglichkeiten werden acht spezifische Schritte für das Vorgehen bei Einsätzen mit psychisch auffälligen Tatverdächtigen definiert sowie konkrete äußere Merkmale und Verhaltensweisen genannt, auf die Polizisten und Polizistinnen bei Vernehmungen achten sollten. Zudem wird die Nutzung eines standardisierten Ankreuzvordrucks zum Fixieren von polizeilichen Wahrnehmungen vorgestellt, die von den Sachverständigen als eine sinnvolle Ergänzung der Gerichtsakte befürwortet wird.
Databáze: OpenAIRE