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Retrospektive Schmerzeinstufungen durch den Patienten werden sehr haufig verwendet. Dennoch ist bislang nur sehr wenig bekannt, wie diese Einschatzungen zustande kommen und wie sie mit dem unmittelbaren Schmerzerleben zusammenhangen. Wir haben die Ubereinstimmung zwischen den retrospektiven Schmerzeinstufungen von 67 Patienten, die postoperativ eine PCA-Pumpe zur Schmerzlinderung erhalten hatten, mit den Aufzeichnungen des PCA-Protokolls verglichen und fanden in Ubereinstimmung mit anderen Forschungsergebnissen eine geringe Ubereinstimmung. Es bestand insgesamt eine Tendenz zur Schmerzuberschatzung. Dies traf jedoch nicht auf alle Patienten zu. Eine genauere Analyse der Patienten, die ihre Schmerzen deutlich uberschatzt hatten (> dem Median der Differenzen der Gesamtstichprobe) und denen, die dies nicht getan hatten, zeigte, dass der Schmerzverlauf fur beide Gruppen unterschiedlich gewesen war. Patienten, die ihre Schmerzen uberschatzten, hatten in den ersten drei Tagen keine signifikante Schmerzreduktion gegenuber dem ersten postoperativen Tag erfahren. Weitere Einflussfaktoren auf die retrospektive Schmerzeinstufung waren die Schmerzstarke des dritten postoperativen Tages und die Schmerzerwartungen, die der Patient hatte. Die Ergebnisse konnten in die Befunde der allgemeinen Gedachtnisforschung integriert werden. Neben retrospektiven Beurteilungen sollte daher nach Moglichkeit auch die aktuelle Schmerzbeurteilung des Patienten erfasst werden. Da jedoch gerade die retrospektive Einschatzung, d. h. die Erinnerung an den Schmerz vermutlich die Entscheidungen von Patienten beeinflusst und eher als Indikator fur die Zufriedenheit des Patienten mit der Schmerztherapie zu werten ist, behalt die retrospektive Einschatzung weiterhin ihre Berechtigung im Rahmen der Evaluation schmerztherapeutischer Massnahmen. |