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In den vergangenen Jahren konnte durch neue Anlagenkonzepte der Markt zum Schweisen von Grosbauteilen mit Abmessungen groser als zwei Meter auch fur das Elektronenstrahlschweisen im Vakuum geoffnet werden. Gerade bei diesen Bauteildimensionen und Blechdicken groser 30 mm konnen die Vorteile des Elektronenstrahlschweisens, wie hohe Leistungsdichte im Fokus, hochfrequente Strahlablenkung und die Arbeit im Vakuum, gegenuber anderen Schweisverfahren besonders gut genutzt werden. Dieses gilt insbesondere bzgl. der erzielbaren Einschweistiefen, der Schweisgeschwindigkeiten und des verarbeitbaren Materialspektrums. Aufgrund seiner vergleichsweise geringen Strahldivergenz bietet das Elektronenstrahlschweisen bei entsprechendem Arbeitsabstand die Moglichkeit, uber einen grosen Schweistiefenbereich sehr schlanke Schweisnahte mit parallelen Nahtflanken zu erzeugen. Aus diesem Grund ist das Elektronenstrahlschweisen das Verfahren, welches den geringsten thermischen Bauteilverzug aller Schmelzschweisverfahren bewirkt. Jedoch resultiert auch beim Elektronenstrahlschweisen, insbesondere beim Schweisen groser Bauteile mit Schweisnahtlangen von teilweise mehreren Metern, ein Verzug, der oftmals die zulassigen Grenzen uberschreitet und daher die Funktionalitat des Bauteiles beeintrachtigen kann. Derzeit kann einem solchen Verzug durch verschiedene Masnahmen wie Nacharbeit, z.B. durch Warmumformen, Auslegung in Ubermas mit anschliesender maschineller Nachbearbeitung oder iterativ ermittelter Schweisfolgeplane begegnet werden. Diese Masnahmen sind in der Regel jedoch zeit- und kostenintensiv, so dass hier eine bessere Kontrolle des Verzuges wahrend des Schweisprozesses durch eine angepasste Prozessstrategie eine deutliche Verbesserung der Effizienz des Elektronenstrahlschweisprozesses bedeuten kann. Die bisher existierenden Moglichkeiten zur Vorhersage des Verzuges mittels Simulation erfordern zur Berechnung haufig mehrere Tage oder gar Wochen. Ferner sind sie sehr ressourcenintensiv, so dass diese im Allgemeinen bei kleinen und mittleren Unternehmen keine Anwendung finden. Mit der vorliegenden Veroffentlichung sollen die Grundlagenuntersuchungen zur Entwicklung einer neuen Simulationsroutine vorgestellt werden. Diese Simulationsroutine ermoglicht die Ermittlung des Verzuges beim Elektronenstrahlschweisen groser Bauteile innerhalb industriell relevanter Zeitfenster und kann dadurch eine erhebliche Hilfestellung bei der Festlegung der Schweisstrategie zur Verzugsminimierung bieten. Die Randbedingungen fur die Simulation mit Hilfe der so genannten INSOFT-Software wurden durch verschiedene Voruntersuchungen zum Schweisen von Blind- und Verbindungsnahten an dem Feinkornbaustahl S355JR und dem austenitischen Stahl AISI316L ermittelt. Im Rahmen dieser Untersuchungen wurden Schweisungen an verschiedenen Blechdicken zwischen 5 und 60 mm durchgefuhrt. Mit Hilfe optischer Vermessung der Bauteile vor und nach dem Heften / Schweisen war es moglich, den Einfluss der eingebrachten Streckenenergie, sowie der Schmelzbadgeometrie auf den Verzug des Bauteiles nach jedem Fertigungsschritt zu bestimmen. Diese Ergebnisse dienten dann als Grundlage zur Bildung des so genannten Mechanischen Schweisnahtaquivalenten (MSNA). Dieser stellt neben der linearen Weiterrechnung die wesentliche Neuerung in der Simulationsroutine INSOFT im Vergleich zu anderen Berechnungssystemen dar. Der MSNA nutzt dabei zum Einen unterschiedliche Werkstoffkennwerte, wie E-Modul, spezifische Warmekapazitat usw. in Verbindung mit dem Energieeintrag (Streckenenergie) und der Schweisnahtgeometrie, um daraus mittels nichtlinearer FEM einen spezifischen Kennwert zu ermitteln. Durch die Ubertragung dieses Kennwertes auf das gesamte Bauteil mittels linearer FEM kann innerhalb kurzester Zeit der resultierende Verzug mit ausreichender Genauigkeit ermittelt werden. Dadurch wird es moglich, ohne aufwendige Testreihen genaue Aussagen uber den zu erwartenden Verzug zu erhalten, um dann ggf. Anderungen in der Schweisfolge, den Prozessparametern oder der Bauteilgeometrie durchfuhren zu konnen. Diese Art der Verzugssimulation bleibt dabei nicht nur auf den Bereich des Elektronenstrahlschweisens beschrankt, sondern kann auf jedes beliebige Schmelzschweisverfahren ubertragen werden. |