Popis: |
Mit dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) geht der Gesetzgeber neue Wege. Er überführt die in den Leitprinzipien der Vereinten Nationen über Wirtschaft und Menschenrechten (VN-LP) entwickelte unternehmerische Sorgfaltspflicht in die deutsche Rechtsordnung. Damit weist er multinationalen, durch das Völkerrecht in einigen Bereichen durchaus berechtigten, jedoch von Verpflichtungen bislang weitgehend unbehelligt gebliebenen Unternehmen eine eigenständige transnationale Verantwortung für die Achtung von Umwelt und Menschenrechten zu, um die mangelhafte Umund Durchsetzung internationaler Menschenrechte entlang globaler Lieferketten zu entschärfen.1 Der europäische Gesetzgeber hat einen Richtlinienvorschlag mit gleicher Zielrichtung veröffentlicht. Der Artikel erläutert zunächst, wie das LkSG die neuen unternehmerischen Pflichten ausgestaltet (A.), und nimmt dies zum Anlass, ihre Ziele, Prämissen und Herausforderungen zu erörtern. Er identifiziert die gesetzgeberische Zwecksetzung, einen Übergang in eine nachhaltige Wirtschaftsordnung globaler Reichweite zu bewirken, für die das LkSG multinationale Unternehmen beansprucht. Die damit verbundene Einschränkung der unternehmerischen, darunter vor allem der Vertragsabschlussund -gestaltungsfreiheit,2 rechtfertigt der Artikel mit ihrer besonderen gesellschaftlichen Funktion, die sich auf den verfassungsrechtlichen Schutzumfang auswirkt. Dadurch überführt er die international debattierte Erwartung an multinationale Unternehmen, soziale Verantwortung zu übernehmen, in verfassungsrechtliche Kategorien (B.). Entgegen manch kritischer Stimme vertritt der Artikel die Ansicht, dass das LkSG Unternehmen nicht in unverhältnismäßiger Weise mit staatseigenen Pflichten beschwert, sondern einen im Prinzip fairen Ausgleich zwischen den ökonomischen Interessen der Unternehmen und den sozioökologischen Belangen im Ausland schafft. Den Schutz sozioökologischer Interessen betreffend identifiziert der Artikel indes einige verbleibende Schwächen (C.). |