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In den letzten Jahren ist die Auseinandersetzung mit Stoff und Material in den Geschichtswissenschaften auf großes Interesse gestoßen. In Abgren- zung zur Geschichte von Objekten und Dingen entwickelte sich daraus eine Stoffgeschichte, die Stoffe sowohl analytisch als auch kategorisch im Feld der Geschichtswissenschaften neu verortet. Die zentrale Forderung, den Stoff in den Mittelpunkt zu rücken, bringt dabei auch der Technikgeschichte neue Möglichkeiten. Wenn technische Entwicklungen und die Ausgestaltung tech- nischer Welten als Auseinandersetzung mit Materialität verstanden werden, wird der Stoff zum Akteur. Dieser Aufsatz widmet sich anhand des Beispiels der Kohlenwäsche und deren Entwicklung im deutschen Bergbau des 19. Jahrhunderts der Frage, wie sich Stoff und Technik zueinander verhalten. Im Zuge der Industrialisierung erfuhr die Steinkohle eine Transformation und ging dabei unterschiedliche Beziehungen ein. Sie lieferte Energie und wurde in den unterschiedlichsten Bereichen unersetzlich. Dabei zeigten sich deutliche stoffliche Unterschiede, die sich auf die Eignung der jeweiligen Kohlensorten für die verschiedenen Prozesse auswirkten. Die Mängel mancher Sorten machten die Aufbereitung als eine Technik der Optimierung technisch relevant und wissenschaftlich interessant. In die- sem Sinn wird die Entwicklung und Erforschung der Kohlenwäsche als eine Möglichkeit für die Steinkohlenaufbereitung als Auseinandersetzung mit dem Charakter der Steinkohle bzw. den Potenzialen und Einschränkungen der Materialität interpretiert. Stoff und Technik interagieren miteinander und konstituieren ein Stoff-Technik-Netzwerk. Der Aufsatz unterstreicht die Wirk- mächtigkeit der Materialität und ist somit auch ein Beitrag zur Diskussion, ob Stoffe agency haben oder nicht. |