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Seit einer Stunde sitze ich schon mit ihm zusammen, und er erzahlt von sich. Er sieht schlecht aus, mager, bronzene Hautfarbe, tiefliegende, dunkelgeranderte Augen. Tiefschwarzes Haar, ohne Grau, undefinierbares Alter. Der rechte Arm steckt von der Hand bis zum Ellenbogen in einer geschnurten Ledermanschette. Die Schuhe hat er ausgezogen und sitzt immer auf einem Bein, das er von Zeit zu Zeit mit deutlichem Stohnen wechselt. Er wirkt kraftlos und ohne Energie, obwohl er meistens sehr schnell spricht. Stakkato, das verstarkt wird durch sein schlichtes Deutsch. Er ist bei der Sache, er leidet, er ist engagiert bei sich, und das heist, er ist resigniert. Ich bin der Herr Professor, fur ihn ein Vertreter des Medizinischen Systems, Deutscher; er ist der Arbeiter, Patient, Turke. Bei Beginn des Gesprachs vor einer Stunde, das von Anfang an mit dem kleinen Casettenrecorder zwischen uns aufgezeichnet wird, hat er etwas Angst gehabt, was fur ein Experte in Sachen Mensch ich bin. Er hat da so seine Erfahrungen, schlechte, verletzende und demutigende Erfahrungen trotz bester Absichten dieser Experten fur den Korper, Recht, Arbeit und Soziales. Diese Nervositat auf beiden Seiten hat sich gelegt. Sofort, nachdem ich gesagt habe, er solle mir seine Lebensgeschichte erzahlen — und: „Ich habe Zeit“, sagte er: „Ich habe auch Zeit, ich bin Rentner, ich nix Arbeit, weist Du.“ Und jetzt nach einer Stunde fast er zusammen. |
