Zwischen Nationalisierung und Universalisierung. Narrative und Funktionen der britischen und der französischen Geschichtswissenschaft im Vergleich (1919–1939)

Autor: Anne Friedrichs
Rok vydání: 2017
Předmět:
Zdroj: Historische Zeitschrift. 304:90-122
ISSN: 2196-680X
0018-2613
DOI: 10.1515/hzhz-2017-0003
Popis: Zusammenfassung Seit einigen Jahren nimmt das Interesse an einer Zusammenführung der geschichtswissenschaftlichen Traditionen unter Berücksichtigung konkurrierender Richtungen und ihrer diskursiven, institutionellen und politischen Zusammenhänge deutlich zu. Die Gründe hierfür sind vielfältig und liegen nicht zuletzt in den laufenden Bemühungen um eine Neukonzeption der akademischen Geschichtsschreibung in Verbindung mit den viel debattierten Prozessen der „Globalisierung“ und „Europäisierung“. In diesem Zusammenhang divergieren die Positionen über die Bedeutung der Nation und des Nationalstaats als Bezugspunkte für die europäischen Geschichtswissenschaften insbesondere für die Zeit vor 1945. Vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzungen, aber auch im Hinblick auf die fortwährende Präsenz geschichtlicher „Meistererzählungen“ soll der vorliegende Aufsatz zu einem Verständnis der Konstruktionsprinzipien der leitenden Erzählungen der britischen und der französischen Historiographie sowie zur Reflexion einer von einigen Fachvertretern wahrgenommenen und beanspruchten Funktion beitragen. Im britischen wie im französischen Fall boten Historiker in den rund fünfzehn bis zwanzig Jahren nach dem Ersten Weltkrieg Sinnkonstruktionen an, die sich keineswegs ausschließlich auf die Nation und den Nationalstaat richteten. Vielmehr lagen ihren Erzählungen Prinzipien, Normen und Verfahren wie Freiheit, Partizipation, soziale Verantwortung, Ausgleich der Interessen oder Erziehung zum Bürger zugrunde, die sie teils als partikulares, teils als universalistisches Wissen konturierten. So zeigt sich nicht nur, dass die Traditionsbildung in größerem Maßstab eine Rolle in manchen europäischen Historiographien schon vor 1945 spielte. Auch lassen sich in beiden Fällen mehrere nebeneinander bestehende Richtungen erkennen, deren Vertreter sich immer auch zu imperialen Fragen und Prozessen in Übersee positionierten und Kompetenzen von außen zum Teil einbezogen.
Databáze: OpenAIRE