Popis: |
Theorien der Biopolitik im Anschluss an Michel Foucault beanspruchen einerseits gesellschaftliche Realitat zu bestimmen, basieren aber andererseits auf der programmatischen Zuruckweisung einer Theorie gesellschaftlicher Totalitat. Ihr Spannungsverhaltnis zur gesellschaftlichen Totalitat erzeugt aus der Sicht der kritischen Sozialwissenschaft ein gesellschaftstheoretisches Defizit, das etwa in marxistischen Kritiken an Foucault herausgestellt wird. Der Artikel zeigt diese Spannung an der Rezeptionslinie des foucaultschen Konzepts der Biopolitik auf und weist einfache Uberbruckungs- und Auflosungsversuche zuruck. Weder eine marxistische Kapitalismuskritik und Totalitatsperspektive noch undogmatische Vermittlungsversuche zwischen Marxismus und Kritik im Anschluss an Foucault losen das Problem, sie reproduzieren nur einen Dualismus, der die verschiedenen Seiten gegeneinander ausspielt. Der Artikel schlagt hingegen vor, jenes Verhaltnis zur Totalitat als theorieleitend zu rekonstruieren und die Theorie der Biopolitik auf ihre theoriepolitische Grundlage zu beziehen, namlich die historisch berechtigte Abgrenzung Foucaults vom Marxismus. Diese theoriegeschichtliche Rekonstruktion ermoglicht es, den Anspruch einer kritischen Gesellschaftstheorie, der in der foucaultschen Analyse wie im Marxismus erhoben wird, neu zu verhandeln. |