Ist die Betreuung von Frauen mit einem familiären Mammakarzinomrisiko überhaupt finanzierbar? - Gesundheitsökonomische Betrachtung der genetischen Testung, intensivierten Früherkennung und präventiver Maßnahmen aus Sicht des Gesundheitswesens und des Leistungserbringers

Autor: MW Beckmann, PA Fasching, S. Wagner, Bani, E Wenkel, L Brunel-Geuder, SM Jud, MG Schrauder, CR Löhberg, MP Lux, R Schulz-Wendtland, André Reis, J Hoyer
Rok vydání: 2013
Zdroj: Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie. 10
ISSN: 1611-647X
1611-6453
DOI: 10.1055/s-0033-1347553
Popis: Hintergrund und Ziele: 10-15% aller Mammakarzinome und 25-40% der Karzinome unter dem 35. Le-bensjahr haben eine genetische Genese. Es ist deshalb essentiell, Hochrisiko-familien zu identifizieren, das individuelle Risiko zu klassifizieren und eine Ge-nanalyse einzuleiten. Zudem sind Angebote zur psychoonkologischen Betreu-ung, intensivierten Fruherkennung und prophylaktischen Operationen notwen-dig. Es stellt sich die Frage, ob dieses Betreuungskonzept im aktuell ange-spannten Gesundheitswesen finanzierbar ist und langfristig monetare Ressour-cen einsparen kann. Materialien und Methoden: Im Rahmen der gesundheitsokonomischen Evaluation wurde der gesamte Pro-zess von Erstberatung bis zur intensivierten Fruherkennung und prophylakti-schen Operation betrachtet. Dabei diente das Tumorrisikosprechstundenkollek-tiv des Universitats-Brustzentrums Franken als Grundlage. Es wurden die Per-sonalkosten anhand Realzeiten und die diagnostischen bzw. operativen Kosten anhand Kostentragerrechnungen berechnet und den Erlosen gegenuber ge-stellt. Dabei wurde fur ambulante Leistungen der EBM und fur stationare Leis-tungen DRG´s verwendet. Als Perspektive wurde sowohl die des Kostentragers als auch des Leistungserbringers gewahlt. Ergebnisse: Mittels genetischer Testung, intensivierter Fruherkennung und prophylaktischer Operation lassen sich Folgekosten fur das Gesundheitssystem durch vermie-dene Karzinome reduzieren. Im genannten Kollektiv mit 370 beratenen Patien-tinnen lagen 44 BRCA1- und 26 BRCA2-Mutationstrager vor. Wird bei nur 50% dieser Mutationstragerinnen eine prophylaktische Mastektomie vorgenommen, so spart sich das Gesundheitssystem im Vergleich zu keiner durchgefuhrten prophylaktischen Masnahme 136.295,22 €. Ausgegangen von einer Sal-pingoovariektomie sind es 791.652,73 €. Fur den Leistungserbringer sind je-doch Teilbereiche deutlich unterfinanziert. Beispiele sind die intensivierte Fruh-erkennung mit einem Verlust von -466,08 € pro Patientin und Jahr, sowie die prophylaktische Operation. So zeigt sich bei einer prophylaktischen Ablatio mit primarem Aufbau durch Allotransplantate (J24A) ein Defizit von -3.504,09 €. Eine Ablatio mit primaren Aufbau durch einen DIEP (J01Z) fuhrt zu einem Ver-lust von -851,65€. Wird einzeitig die prophylaktische Adnexektomie durchge-fuhrt, bleibt der Erlos identisch, das Defizit wird entsprechend hoher. Mit Berucksichtigung der zusatzlich gewonnenen Lebensjahre ist die Betreuung aus der Kostentragerperspektive unabhangig vom durchgefuhrten Eingriff kos-teneffektiv. Aus Perspektive des Leistungserbringers ist es deutlich davon ab-hangig, welcher operative Eingriff durchgefuhrt wird. So lasst sich eine mit Ad-nexektomie kombinierte prophylaktische Mastektomie im Alter von 40 Jahren, welches dem Durchschnittsalter des Kollektivs entspricht, mit +83,29 € pro ge-wonnenem Lebensjahr kosteneffektiv durchfuhren. Wird eine Adnexektomie und prophylaktische Ablatio mit primarem Aufbau durch Allotransplantate vor-genommen, so kostet dem Leistungserbringer ein gewonnenes Lebensjahr -949,35 €. Dies ist fur das Gesundheitswesen naturlich der Idealfall einer gesundheitsoko-nomischen Masnahme. Mit zunehmendem Alter steigen bei sinkender Effektivi-tat der operativen Eingriffe sowohl fur Gesundheitswesen und Leistungserbrin-ger die Kosten pro gewonnenes Lebensjahr. Schlussfolgerung: Die Betreuung von Hochrisikofamilien ist aus Sicht des Gesundheitswesens kosteneffektiv. Langfristig lassen sich durch genetische Testung, intensivierte Fruherkennung und prophylaktische Masnahmen deutlich monetare Ressour-cen einsparen. Dies gilt jedoch nicht fur den Leistungserbringer, da viele Teilbe-reiche der enorm wichtigen Betreuung zu einem finanziellen Defizit fuhren. Ins-besondere die spezialisierten Zentren mit Betreuung zahlreicher Familien beno-tigen Zuschlage, um das Angebot langfristig aufrechterhalten zu konnen.
Databáze: OpenAIRE