Zur statistischen Untererfassung von Norovirus-Infektionen: Erkenntnisse aus Daten von zwei Gesundheitsämtern

Autor: Felix Martin Hofmann, Ulrich Stößel, Martina Michaelis, Friedrich Hofmann
Rok vydání: 2020
Předmět:
Zdroj: Das Gesundheitswesen. 83:357-362
ISSN: 1439-4421
0941-3790
Popis: Zusammenfassung Hintergrund Seit 2011 müssen dem Robert Koch-Institut (RKI) nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelhaft nur noch labordiagnostisch bestätigte Norovirus (NoV)-Gastroenteritisfälle, nicht aber z. B. klinisch- epidemiologische gemeldet werden, weshalb sich die ohnehin schon bestehende Untererfassung von NoV-Fällen in Deutschland deutlich verstärkt haben dürfte. Fragestellung Um das Ausmaß der Untererfassung zu diskutieren, wird in diesem Beitrag fallbeispielhaft dargestellt, inwieweit bei Gastroenteritisausbrüchen in Krankenhäusern und Gemeinschaftseinrichtungen überhaupt labordiagnostische Nachweise zur Klärung des Infektionsauslösers erfolgen. Interessant für die Abschätzung der arbeitsmedizinischen Bedeutung von NoV-Gastroenteritis ist auch der Anteil des erkrankten Personals. Material und Methoden Von allen pseudonymisierten Gastroenteritis-Ausbruchsdaten, die 2 lokalen Gesundheitsämtern zwischen 2011 und 2015 gemeldet wurden, wurde retrospektiv der Anteil labor-diagnostisch bestätigter NoV-Ausbrüche und -Fälle einschließlich gemeldeter Beschäftigter in Krankenhäusern und Gemeinschaftseinrichtungen (Altenpflegeheime, Kindertagesstätten, Schulen) errechnet. Ergebnisse Es wurde nur bei wenigen Gastroenteritisausbrüchen in Kindertagesstätten eine ätiologische Erregerabklärung durchgeführt, weshalb nur 6% und weniger als NoV-Ausbrüche klassifiziert werden konnten. In Altenpflegeheimen wurde rund die Hälfte der Ausbrüche NoV-klassifiziert, in Krankenhäusern fast alle. Beschäftigte machten bei NoV-Ausbrüchen bis zu 23% der Erkrankten aus. Schlussfolgerungen Der geringe Umfang labordiagnostischer Untersuchungen bei Gastroenteritisausbrüchen in Kindertagesstätten und Schulen impliziert eine erhebliche Anzahl an versteckten NoV-Fällen. Aufgrund des Anteils infizierter Beschäftigter in Ausbrüchen sollten NoV auch als arbeitsmedizinische Fragestellung stärker in den Fokus gerückt werden. Weitere, größer angelegte Prospektivstudien sind erforderlich, um diese ersten Erkenntnisse empirisch zu untermauern.
Databáze: OpenAIRE