Die Photographie in der Anthropologie

Autor: Michael Hesch
Rok vydání: 1930
Zdroj: Photographisches Praktikum für Mediziner und Naturwissenschaftler ISBN: 9783709152263
DOI: 10.1007/978-3-7091-5374-1_4
Popis: Die Photographie ist fur den Anthropologen ein unentbehrliches Hilfsmittel seiner Forschung. Sie ermoglicht bei naturgetreuer Wiedergabe der Objekte nicht allein die bildliche Erganzung der durch Messungen und morphologische Analyse (34)1 gewonnenen Einzelheiten, sondern jederzeit auch eine Uberprufung, ja sogar eine nachtragliche Erweiterung der Beobachtungen im Sinne neuer Fragestellung, die sich etwa bei Verarbeitung des Materials ergeben kann, also zu einem Zeitpunkte, wo das Objekt in der Regel nicht mehr greifbar ist. In Fallen, wo im gegebenen Zeitpunkte unuberwindliche Hindernisse die eingehende Untersuchung unmoglich machen oder wertvolle und seltene Objekte dem Forscher nur fluchtig zuganglich sind — wie es sich etwa auf Forschungsreisen ergeben kann —, bietet eine bei entsprechender Schulung und Ausrustung bald sachgemas angefertigte Aufnahme die einzige Moglichkeit der Erfassung und nachtraglichen genaueren Beobachtung des fraglichen Objekts. Dies gilt ganz besonders fur jene Aufnahmen, die aus dem Gebiete der physischen in jenes der psychischen Anthropologie bzw. der Ethnologie hinuberleiten, seien es nun Aufnahmen einzelner Personen oder ganzer Gruppen, die in ihrer naturlichen alltaglichen Umgebung und Beschaftigung oder aber bei besonderen Anlassen — wie kultischen Zeremonien, Tanzen usw. — erfast werden, Bilder also, die einen unmittelbaren Einblick in die geistige und seelische Eigenart einzelner Volker und Rassen gewahren. Dazu sei kurz bemerkt, das es sich selbstverstandlich nicht um „gestellte“ Aufnahmen handeln darf, aus denen eher die Eigenart des Forschers als der zu Erforschenden in Erscheinung tritt. Auch auf den grosen Wert sachgemas orientierter anthropologischer Typenaufnahmen fur die erst im Werden begriffene Konstitutionsforschung darf hier kurz hingewiesen werden. Schlieslich hat die Rassen- und Konstitutionsmorphologie ein noch zu wenig eingeschatztes Hilfsmittel in der Rontgenphotographie, die buchstablich eine „Vertiefung“ bzw. „Verinnerlichung“ und zugleich eine Erweiterung dieser Forschung ermoglicht.
Databáze: OpenAIRE