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Wenn die Vielzahl von Menschen, Beziehungen, Lebenskulturen, historischen Entwicklungen in Dorfern zum Gegenstand systematischer Analysen wird (Trosbach/Zimmermann 2006), bleiben Tiere als eigener Forschungsgegenstand meist im Hintergrund. Doch genauso wie sich das Bild des Dorfes komplexer zeigt als erwartet, verandert sich damit auch die Wahrnehmung der Tiere. Sie werden als Mitbewohner entdeckt, die Geschichte und Gesicht des Dorfes mitgepragt haben. Human-Animal-Studies haben sich als neue interdisziplinare Wissenschaft entwickelt, die nicht nur Tiere in den Blick nimmt, sondern auch die kulturellen Praktiken, Lebensformen, Beziehungen und Machtverhaltnisse, die sich zwischen Mensch und Tier ergeben. Literatur- bzw. Kulturwissenschaften, Geistesund Naturwissenschaften untersuchen die Mensch- Tier-Beziehung dafur aus moglichst vielen und oft uberraschenden Perspektiven. Dieser breite Forschungsansatz kann auch den Blick auf das Dorf erweitern. Das Dorf erscheint in dieser Perspektive nicht nur als ein Ort, an dem Nutztiere gehalten werden. Deshalb stehen Landwirtschaft, Nutztierhaltung und industrielle Tierhaltung in dieser Darstellung der dorflichen Mensch-Tier-Beziehungen auch nicht im Mittelpunkt. Vielmehr soll der Blick fur eine Vielfalt an Mensch-Tier-Erfahrungen geoffnet werden, die durch den dorflichen Raum als Bezugsrahmen ermoglicht, bestimmt oder auch begunstigt werden. Ein interdisziplinares und noch junges Vorgehen wie das der Human- Animal-Studies ist dabei nach wie vor noch in einer Phase der methodologischen Orientierung und kann noch nicht auf bereits geordnete Archive und ein spezifisch erprobtes und ausdifferenziertes Analyseinstrumentarium zuruckgreifen. Grundsatzlich geht es auch darum, die jeweiligen historischen und perspektiven Abhangigkeiten der wirkmachtigen Konstruktionen spezifischer Tier-Bilder in den Blick zu nehmen und zu dekonstruieren. Dadurch zeigt sich, dass das dorfliche Mensch-Tier-Verhaltnis vielfaltiger und changierender ist, als es sich anfanglich und uber lange Zeit einem unbedarfteren Blick darstellt. |