Translatorische Praxis im Evidenzbureau (1850 - 1918)

Autor: Jahn, Rebecca Magdalena
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2022
DOI: 10.25365/thesis.71399
Popis: Im Zentrum der vorliegenden Masterarbeit steht die mit historischen Originalquellen belegte Darstellung der translatorischen Praxis im Evidenzbureau im historischen Zeitraffer und soziokulturellen Kontext der Habsburgermonarchie zwischen 1850 und 1918. Als Teil des theoretischen Gerüsts wurde untersucht, wie sich Translation in ihren unterschiedlichen Ausgestaltungen im ersten ständigen Geheimdienstes der k. u. k. Monarchie manifestierte, wie die eingesetzten Sprachkundigen in der vorherrschenden Translationskultur dieser historischen Institution wahrgenommen wurden und inwiefern man unter Einbeziehung des soziologischen Machtgefüges in diesem Zusammenhang von einem eigenen translatorischen Habitus sprechen konnte. Auf Basis dieser Untersuchungen wurden drei wegweisende Fragestellungen formuliert, deren Beantworten dabei helfen soll, Forschungslücken auf dem Gebiet der Translationswissenschaft zu schließen. Um für die zentrale Forschungsfrage nach der translatorischen Praxis im Evidenzbureau entsprechende Ergebnisse zu erzielen, bildete die histoire croisée den methodischen Rahmen für einen mehrperspektivischen Blick auf den Forschungsgegenstand. Im Zuge einer umfassenden empirischen Untersuchung wurden knapp 500 Dokumente aus 20 Faszikeln des Österreichischen Staatsarchivs erhoben und mithilfe von variablen Vergleichskategorien analysiert. Die Verortung translatorisch tätiger Personen auf drei unterschiedlichen Untersuchungsebenen zeigt deutlich, dass es im konzentrierten Untersuchungszeitraum der Vorkriegsjahre bis zum Zerfall der Habsburgermonarchie im Evidenzbureau einen erhöhten Übersetzungs- und Dolmetschbedarf zu decken galt. Eigens dafür eingerichtete Ausbildungsstätten, wie die „AOK-Dolmetschschule“ sowie auch eigene Auswahlverfahren sollten geeignetes Personal in der nötigen Anzahl sicherstellen. Die Analyse dokumentierter translatorischer Leistungen macht deutlich, dass Macht und Loyalität untrennbar miteinander verbunden waren und Geld sowie persönliche Interessenskonflikte zu den Hauptmotivatoren für eine Abkehr vom eigenen Truppenverband und für die Spionage für fremde Mächte zählten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die eingesetzten Translatoren die umfassenden Erwartungen, die an sie gestellt wurden, grundsätzlich erfüllen konnten. Weiterführende Forschung im Bereich der translatorischen Praxis im Evidenzbureau könnte auf den Einsatz von Frauen in translatorischen Tätigkeiten, die Erstellung von Biographien einzelner translatorisch tätiger Personen oder auch auf die Eigenschaften und Gütekriterien der archivierten Translate selbst ausgerichtet sein.
The present master’s thesis aim is to depict translation practice in the Evidenzbureau in historical time lapse and socio-cultural context of the Habsburg Monarchy during the years 1850 to 1918, based on key findings extracted from original historical sources. As a part of the theoretical framework, this research project evaluates the manifestation of translation in its various forms within the first permanent military intelligence agency of the k. u. k. Monarchy; it shows how translators were perceived in the prevailing translation culture of this historical institution; and it investigates the eventual existence of an inherent translational habitus – considering the sociological power structure in this context. Three crucial questions were framed based upon these investigations; addressing those should help to close research gaps in the field of translation studies. The concept of histoire croisée shaped the methodological framework for a multi-perspective view on the research object in order to gather the relevant data for the central research question – translation practice in the Evidenzbureau. Throughout the comprehensive empirical research study, almost 500 documents from 20 fascicles of the Austrian State Archives had been collected and analyzed using self-defined research variables. The positioning of translators on three different investigative levels clearly shows that there was an increased demand for translation and interpreting in the Evidenzbureau during the specified investigation period from the pre-war years up to the collapse of the Habsburg Monarchy. Educational institutions especially set up for this purpose, such as the “AOK-Dolmetschschule”, as well as certain selection procedures were to ensure the availability of suitable personnel in sufficient number. The analysis of documented translational achievements indicates that power and loyalty were inextricably linked; that money and personal conflicts of interest were among the main motivators for defecting one's military unit and espionage for foreign powers. Overall, the findings indicate that the translators working for the military intelligence agency of the k. u. k. Monarchy were capable of meeting all expectations. Further research regarding translation practice in the Evidenzbureau might focus on the deployment of female translators; the creation of biographies of individual translators, or the characteristics and quality criteria of the archived translates themselves.
Databáze: OpenAIRE