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1. Die licht- und elektronenmikroskopisch untersuchte Hulle des Bauchmarkes vom Regenwurm besteht aus peritonealen Deckzellen (Coelomepithel), Muskulatur, Bindegewebe, Blutgefasen und Nervenfasern. 2. Im Gegensatz zum Bauchgefaβ verlauft das Bauchmark auch bei extremer Kontraktion des Hautmuskelschlauches nicht gewunden: im Bereich zusammengezogener Ringe wird es kurz und dick, in gestrecktem lang und schmal (reflektorische Anpassung). Auf diese Weise werden Zerrungen der Segmentalnerven weitgehend vermieden. 3. Durch Auftropfen von Acetylcholin (1∶2000 bis 1∶400000) lassen sich an der Muskulatur in der Hulle des Bauchmarkes ebenso deutliche Kontraktionen auslosen wie nach Langsdurchstromung des ganzen Wurmes oder isolierter Bauchmarkstucke zwischen zwei indifferenten Elektroden (Reizschwelle bei etwa 1–1,5 mA). Herausgeloste Abschnitte des Bauchmarkes zeigen autonomrhythmische Kontraktionen mit einer Frequenz, die bei etwa 3 sec beginnt und nach einigen min Pausen zwischen 5 und 15 sec aufweist. 4. Die glykogenreichen Deckzellen enthalten Tonofilamente, Mitochondrien (mit auffallend dichter Matrix), endoplasmatisches Retikulum, einen umfangreichen Golgi-Apparat und „Zwiebelkorperchen“ aus zirkular angeordneten, glatten Doppelmembranen, die ein Zentrum aus Vesikeln oder Tubuli umschliesen. Cytosomen der verschiedensten Struktur, multivesikulare Zysten und Vakuolen mit einem homogenen, elektronendichten Inhalt sind haufig. Kleine Blaschen bilden vielfach perlschnurartige Formationen („Pinocytose-Ketten“). Der Organellenreichtum der Deckzellen legt den Gedanken nahe, das ihnen eine grosere biologische Bedeutung zufallt als nur die im Rahmen einer Deck- und Austauschschicht. 5. Die Bindegewebszellen der Hulle enthalten in membranbegrenzten Vakuolen kantig-polygonal begrenzte Einschlusse (Mikrokristalle), die als Stoffwechseloder Speicherungsprodukte aufgefast werden. Bei den sog. Bakteroiden der alteren Untersucher durfte es sich um die gleiche Substanz handeln, die an anderen Orten (z.B. im Hautmuskelschlauch oder in der freien Leibeshohle) aus Grunden, die diskutiert werden, in differenter Form abgelagert wird. 6. Die Grenzlamellen bestehen nicht aus einem „cuticularen Material“ (Stough 1926), sondern aus einem Filz periodisch gegliederter Bindegewebsfibrillen eines Durchmessers von etwa 35 nm. Von den Grenzlamellen dringen Septen in die Hulle und in das Neuropil des Bauchmarkes ein und bilden dort Logen fur die Riesenfasern und Kammern fur kleinere oder grosere Gruppen von Nervenzellen. 7. Die Spezialmuskulatur der Hulle besteht aus Langsmuskelfasern, deren Feinbau dem der Hautmuskelzellen in allen Einzelheiten entspricht. In der Regel sind die Zellen zu hoheren Einheiten, Bundeln, zusammengeschlossen, in denen die Ordnung der Myofilamente Systemcharakter erkennen last. 8. Das Aussehen der Blutgefase wechselt erheblich. Prall gefullt erinnern sie an Kapillaren hoherer Tiere. Eine Basalmembran und Pericyten fehlen. In kollabiertem Zustand ist die Lichtung der Gefase mehr oder weniger sternformig, und die Endothelzellen besitzen zierliche Fortsatze und geradezu bizarr gestaltete Zelleiber. Das im elektronenmikroskopischen Bild relativ grobgranulare Erythrocruorin geht an der Oberflache der Endothelzellen in eine sehr feinkornige, homogene (basalmembranahnliche) Schicht uber. Die Endothelzellen des Subneuralgefases — und wahrscheinlich auch die anderer groserer Gefase — enthalten Myofibrillen. 9. Die meist gebundelt verlaufenden Nervenfasern sind nur durch ihr Axolemm begrenzt. Sonstige Hullen oder Hullzellen sind nicht vorhanden. Dort, wo sich die Axone dicht an Muskelzellen anschmiegen, enthalten sie reichlich „synaptical vesicles“. 10. Haftplatten (Desmosomen) kommen nicht nur zwischen gleichartigen Elementen, sondern auch zwischen Zellen unterschiedlicher Natur, wie Deckzellen einerseits und Bindegewebs-, Gefaswand- und Muskelzellen andererseits, vor. Aus dieser Tatsache wird geschlossen, das unter den Zellen des Regenwurms eine hohere immunbiologische Toleranz besteht als zwischen den Zellen anderer Species. — In den desmosomalen Bereichen der Deckzellen ist die Aufspaltung des Plasmalemms in zwei Blatter besonders deutlich. Da die bindegewebige Interzellularsubstanz bei Lumbricus nicht hoch differenziert zu sein scheint (z.B. fehlen Basalmembranen vollstandig), durfte den Haftstrukturen eine grose Bedeutung fur den Zusammenhalt der verschiedenen Baumaterialien zukommen. |