Die intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Gruppe adipöser Kinder

Autor: Herbert Maisch
Rok vydání: 1965
Předmět:
Zdroj: Klinische Wochenschrift. 43:1086-1091
ISSN: 1432-1440
0023-2173
DOI: 10.1007/bf01734183
Popis: Zur Prufung einiger Hypothesen uber die intellektuelle Leistungsfahigkeit adiposer Kinder wurden vier Gruppen mit insgesamt 92 klinisch durchuntersuchten Kindern im Alter von 6–15 Jahren mit dem Hamburg-Wechsler-Intelligenztest fur Kinder untersucht. Die Gruppe der vorwiegend stark adiposen Kinder erzielte Intelligenzleistungen, die innerhalb des „durchschnittlichen“ Intelligenzbereiches der Standardisierungsstichprobe liegen, ferner als Gruppe dem mittleren Leistungsniveau von Hamburger Volksschulern entsprechen und in 13 von 28 Fallen sogar die Voraussetzungen fur den Besuch einer Mittel- bzw. Oberschule erfullen. Zum Intelligenzniveau einer unausgelesenen Gruppe normalgewichtiger, korperlich gesunder und psychisch unauffalliger Kinder (Kontrollgruppe) bestanden keine signifikanten allgemeinen Leistungsunterschiede. Obgleich sich die adiposen Kinder als „normal“ begabt, in fast der Halfte der Falle sogar als uberdurchschnittlich begabt erwiesen, besteht bei ihnen in weitaus hoherem Mase die Tendenz, schulisch zu versagen, als bei einer Gruppe normalgewichtiger, neurotischer Kinder (Kontrollgruppe) gleicher Intelligenz und gleichen Schultyps. Bei dreifachem Kontrollgruppenvergleich lies sich eine Leistungsminderung spezifischer intellektueller Funktionen der mehr praktischen Intelligenz statistisch sichern. Dabei handelt es sich um eine Storung der visuell-motorischen Koordinationsfahigkeit, die nicht cerebralorganisch bedingt ist. Die visuell-motorische Koordination ist eine hochdifferenzierte, komplexe psychomotorische Funktion, bei welcher komplizierte, mehr oder weniger intelligenzabhangige Funktionen und Fahigkeiten zusammenwirken. Der Stellenwert dieser Fahigkeiten und Funktionen und ihr pathogenetischer Anteil am Gesamt der gestorten visuell-motorischen Koordination wurde hypothetisch abgeleitet: Eine Hemmung zielgerichteter motorischer Entauserung und eine Verlangsamung der psychomotorischen Geschwindigkeit sind von gleichrangiger pathogenetischer Bedeutung, daneben ist an eine nicht-cerebralorganisch bedingte Storung des bildhaften und raumlichen Vorstellungsvermogens zu denken; mangelhafte Ausdauer und Konzentrationsfahigkeit sind Faktoren von allgemeinerer Bedeutung. Weiteren, spezielleren Untersuchungen mus es vorbehalten bleiben, die letztgenannten Hypothesen faktorenanalytisch zu prufen. Da das Schulversagen der adiposen Kinder nicht in einem Zusammenhang mit dem Grad ihres Korperubergewichts steht, bieten sich die psychometrischstatistischen Befunde der visuell-motorischen Koordinationsstorung als Kausalerklarung dieses Versagens an. Unsere ubrigen psychopathologischen Befunde15, auf die wir im Rahmen dieser Arbeit nicht eingehen konnen, zeigen, das die den speziellen Leistungsstorungen der adiposen Kinder zugrunde liegende Faktoren emotionaler Art sind. Gleichartige Untersuchungen an adiposen Kindern mit leichteren Graden des Korperubergewichts konnten zeigen, ob sich die bei unserer Gruppe ermittelten Befunde bestatigen lassen.
Databáze: OpenAIRE