Der Zusammenhang von Schmerz, Verletzung und psychosozialer Balance: Ein Plädoyer für einen ganzheitlichen individualisierten Ansatz in der Begleitung von Sportlerinnen und Sportlern im Leistungssport
Autor: | Bumann, Anke Sofie, Justus Liebig University Giessen |
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Jazyk: | němčina |
Rok vydání: | 2020 |
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DOI: | 10.22029/jlupub-15222 |
Popis: | Hintergrund: Verletzungen und Schmerzen gehören zum Alltag von Spitzensportlern, die es bereits im Jugendalter gewöhnt sind, unter ständigen Schmerzen zu trainieren und Wettkämpfe zu bestreiten. Mögliche Zusammenhänge zwischen Verletzung, Schmerz und psychosozialen Faktoren im Leistungs- und Amateursport sind bislang wenig erforscht. Auch Möglichkeiten, individuelle Befragungen und Messungen der Aktivität des vegetativen Nervensystems vermehrt in die Betreuung bei Schmerz und Verletzung einzubinden, um eine engere Orientierung an der psychischen Verfassung in der praktischen Betreuung im Wettkampfbetrieb vorzunehmen, ist bislang nicht etabliert. Des Weiteren wird Forschungsbedarf zur Wirkweise sportpsychologischer Techniken im Kontext von Schmerz und Verletzung gesehen.Ziel: Ziel der Dissertation war die Erhebung grundlegender Informationen zu einer potenziellen Schmerzproblematik, die Untersuchung möglicher Monitoring-Maßnahmen, sowie die Entwicklung einer konkreten Intervention zur Stärkung von präventiven Ressourcen für ein optimiertes und ganzheitliches Schmerzmanagement im Leistungssport.Studie 1: Im Rahmen der ersten Studie wurden Zusammenhänge zwischen Faktoren der psychosozialen Balance und auftretenden Schmerzen im professionellen und semiprofessionellen Sport, sowie im Freizeitsport untersucht. Hierzu wurden mittels Fragebogen unter anderem Daten zu Gesundheitszustand, Medikamentenkonsum, Trainingsumfang und Schmerz, sowie psychosoziale Faktoren abgefragt. Als zentrale Ergebnisse konnten gravierende Prävalenzen von Schmerz und Verletzung im Leistungs- und im Freizeitsport festgestellt werden. Zudem zeigten sich deutliche Einbußen psychosozialen Befindens bedingt durch akute und chronische Schmerzen. Des Weiteren konnte der viel diskutierte gesundheitliche Risikofaktor Stress als ein zentraler Einflussfaktor auf die mentale Lebensqualität und das Selbstmitgefühl identifiziert werden.Studie 2: Diese Studie erforschte im Längsschnitt die Praktikabilität eines Erholungs-Belastungs-Monitorings bei Sportlerinnen einer Bundesliga Frauenfußballmannschaft. Dies erfolgte mittels wöchentlicher Messung der Herzfrequenzvariabilität (HRV), sowie individueller Befragung zu Überlastung und Schmerz. Ein weiteres Forschungsziel war die Untersuchung der Entwicklung psychischer Faktoren im Verlauf einer Saison. Hinsichtlich der Ergebnisse konnte ein engmaschiges Monitoring von Befinden und HRV als ein sehr anspruchsvolles, aber effektives Modell bewertet werden, um die individuelle Stressbelastung zu erheben. Des Weiteren konnte bestätigt werden, dass der Saisonzeitpunkt Einfluss auf psychosoziale Parameter haben kann. Unterschiedliche Tendenzen im Kontext der individuell wahrgenommenen Stressintensität zeigten sich zwischen Ersatz- und Stammspielerinnen und verweisen auf die Einsatzzeit im Wettkampf als einen wesentlichen Einflussfaktor auf Stresslevel und Wohlbefinden.Studie 3: Bei dieser Studie wurde in Form einer kontrollierten Interventionsstudie der Fokus auf die Verknüpfung von schmerzdiagnostischen Testungen mit sportpsychologischer Intervention gesetzt. In einem Nachwuchsleistungszentrum für Männerfußball wurde ein vierwöchiges psychological skills training-Programm zur Verletzungsprävention und mentalen Saisonvorbereitung durchgeführt. Die Ergebnisse verdeutlichen, wie bereits kurzfristig angelegte sportpsychologische Arbeit zur Stärkung psychosozialer Parameter beitragen kann: Im Vergleich zur Kontrollgruppe blieben die Sportler der Interventionsgruppe bezüglich des Risikos für Stressbelastung stabil, erlangten ein höheres Selbstmitgefühl und eine verbesserte mentale Lebensqualität. Die positiven Effekte auf Stressbelastung und Selbstmitgefühl korrelierten moderat mit der Teilnahmehäufigkeit an der Maßnahme. Nicht zuletzt die persönlichen Bewertungen des Angebots durch die Spieler heben die Notwendigkeit und Wichtigkeit sportpsychologischer Arbeit im Nachwuchsleistungssport hervor.Relevanz/Ausblick: Die vorliegende Dissertation zeigt sehr eindrücklich auf, dass im gegenwärtigen Leistungssport Forschungs- und Aufklärungsbedarf hinsichtlich des Umgangs mit und der Kommunikation von Schmerzen und Verletzungen bestehen. Dass die psychosoziale Balance neben der physischen Verfassung des Sportlers wesentlichen Anteil an der sportlichen Leistungsfähigkeit hat, verdeutlichen alle Teilstudien. Bindet man, wie in diesem Projekt, die Stärken der einzelnen sportwissenschaftlichen Disziplinen ein, werden die Möglichkeiten und das Potenzial einer kooperativ angelegten und ganzheitlichen Forschung deutlich. Sowohl qualitative als auch quantitative Forschung zum Wohle des individuellen Sportlers zu betreiben, muss deshalb zum Anspruch für ein optimiertes Gesundheitsmanagement im Leistungssport werden. Background: Injuries and pain are part of everyday life of elite athletes, who are used to train and compete whilst in pain, even at younger ages. Possible interrelations of injury, pain, and psychosocial factors in competitive and amateur sports have received little exploration so far. Furthermore, the use of individual interviews and monitoring of autonomic processes have not yet been fully established in the context of pain and injury management. Moreover, there is a need for research on the mode of action of psychological techniques in the context of pain and injury in sports.Aim: The aim of the dissertation was to collect basic information on a potential pain problem, to investigate possible monitoring measures, and to develop a concrete intervention to strengthen preventive resources for optimised and holistic pain management in competitive sports.Study 1: The first study investigated the interrelation of psychosocial balance and pain in professional, semi-professional and recreational sports. For this purpose, a questionnaire was used to collect data on i.a. health status, drug consumption, training load and pain, as well as psychosocial factors. The results showed a serious prevalence of pain and injury in all groups. In addition, there were clear losses in psychosocial well-being, both due to acute pain and chronic damage. Furthermore, the much discussed health risk factor "stress" could be identified as a central influencing factor on mental quality of life and self-compassion.Study 2: This study longitudinally explored the practicability of a recovery-stress monitoring in female elite athletes via a weekly measurement of heart rate variability (HRV), paired with individual surveys focused on overload and pain. Another research objective was to investigate how psychological factors develop over the course of a season. For this purpose, we cooperated with a Bundesliga women´s soccer team. Regarding the results, continuous monitoring of well-being and HRV proved to be a very demanding but effective model to track individual stress loads. In detail, different tendencies in the context of individually perceived stress intensity were found between substitute and regular players, and total playing time in competition appeared to be a major influencing factor on stress levels and well-being. Furthermore, the point of time during the course of the season seemed to influence psychosocial parameters.Study 3: In the third study, we combined pain diagnostics with psychological techniques in a controlled intervention study. A four-week psychological skills training program for injury prevention and mental pre-season preparation was conducted in a junior men´s soccer training centre. The results illustrate how even short-term psychological work can contribute to strengthen psychosocial parameters: Compared to the control group, athletes of the intervention group remained stable in terms of risk for stress, attained higher self-compassion and improved their mental quality of life. The positive effects on stress and self-compassion correlated moderately with the frequency of participation in the intervention. Last but not least, the personal evaluations of the athletes towards the program highlight the necessity and importance of psychological work in junior elite athletes.Conclusion: This dissertation demonstrates very impressively that there is a need for research and education in competitive sports regarding the handling of and communication about pain and injury. The results of all studies emphasise that psychosocial balance, in addition to the physical condition of the athlete, plays a significant role in athletic performance.This research project is characterised by combining and integrating the strengths of the various sports science disciplines into one holistic approach. Therefore, conducting both qualitative and quantitative research for the benefit of the individual athlete must become an aspiration for optimal health management in competitive sports. |
Databáze: | OpenAIRE |
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