Elternschutzrechte im Lichte von Gleichheit und Autonomie
Autor: | Sagmeister, Maria Regina |
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Jazyk: | němčina |
Rok vydání: | 2019 |
DOI: | 10.25365/thesis.60937 |
Popis: | Das Recht soll Menschen adäquate Handlungsoptionen bereithalten, um sie ihn ihrer autonomen Lebensgestaltung zu unterstützen. Für die Beurteilung dieser Adäquanz ist das Prinzip der Gleichheit maßgeblich, dennoch bestehen derzeit betreffend die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschlechtsspezifisch unterschiedliche Regelungen, die sich auf die Entscheidungen von Menschen über die innerfamiliäre Arbeitsteilung auswirken. Zwar rechtfertigen die körperlichen Dimensionen von Schwangerschaft und Geburt sowie die Bekämpfung faktischer Ungleichheiten besondere Rechte für Mütter, typischerweise bringen solche gruppenspezifische Rechte aber auch Probleme mit sich. Sie drohen die zu adressierende Differenz zu reproduzieren. Auf einen materiellen Begriff von Gleichheit sowie auf Erkenntnisse der Intersektionalitätstheorie bauend schlägt diese Arbeit vor, allgemeine Rechte von der potentiell am stärksten betroffenen Gruppe aus zu denken. Das heißt, bei der Formulierung allgemeiner Elternschutzrechte die Bedürfnisse von Geburtsmüttern zum Maßstab zu nehmen, aber auch Väter und soziale Eltern zu berechtigen und zu verpflichten. Ausgehend von der Entstehung des Mutterschutzes als frauenspezifisches Arbeitsschutzrecht werden dessen Zwecke, die geltende österreichische Rechtslage sowie internationale und europäische Vorgaben dargestellt. Dabei lässt sich, insbesondere anhand der Rechtsprechung des EuGH, eine Entwicklung hin zu Elternschutzrechten für Väter beobachten, die sowohl aus Gründen der Gleichbehandlung als auch zur Entlastung von Müttern geboten scheint. Doch wiewohl die Gestaltung des Rechts eine wichtige äußere Bedingung autonomen Handelns ist, spielen innere Bedingungen menschlicher Entscheidungen und außerrechtliche Zwänge eine ebenso wesentliche Rolle. Am Beispiel der Elternkarenz wird gezeigt, dass allein auf Ebene des Rechts anzusetzen nicht ausreicht. Rechtliche und andere soziale Zwänge stehen hier in einem lebhaften Zusammenspiel, was etwa die Rolle heteronormativer Geschlechternormen und ökonomischer Zwänge bei der Inanspruchnahme von formell rechtsgleichen Karenzansprüchen verdeutlicht. Wo das Recht die Entscheidung über die Aufteilung unbezahlter Arbeit den Eltern überlässt, kommen außerrechtliche Normen zum Tragen. Demgegenüber vermögen es zwingende arbeitsrechtliche Normen, die Handlungsräume der Betroffenen zu vergrößern. Rechtsvergleichend wird daher schließlich für eine Quotierung der Elternkarenz sowie für obligatorische Schutzzeiten für alle Arbeitnehmer_innen, die Eltern werden, argumentiert. The Austrian parental leave framework creates different opportunities for parents based on gender and on their biological and legal relationship to their children. While birthmothers are obliged to 16 weeks of maternal leave, fathers and co-mothers are entitled to a voluntary parental leave. On the one hand, these differentiations are justified due to pregnancy and birth; on the other hand, the current legal situation limits the care arrangements available to parents and stabilizes the gendered division of labor. Further heteronormativity and gender norms influence the use fathers and mothers make of voluntary leaves. In my thesis I give an overview of the history and purpose of maternal leave as a gender-specific right and of the development of parental rights including fathers and co-mothers. Building on autonomy theory and intersectionality, a substantive rather than formal understanding of equality is put forward. This leads to the conclusion that parental rights must take into consideration the special needs of birthmothers, while bestowing rights and imposing obligations on all parents. |
Databáze: | OpenAIRE |
Externí odkaz: |
Abstrakt: | Das Recht soll Menschen adäquate Handlungsoptionen bereithalten, um sie ihn ihrer autonomen Lebensgestaltung zu unterstützen. Für die Beurteilung dieser Adäquanz ist das Prinzip der Gleichheit maßgeblich, dennoch bestehen derzeit betreffend die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschlechtsspezifisch unterschiedliche Regelungen, die sich auf die Entscheidungen von Menschen über die innerfamiliäre Arbeitsteilung auswirken. Zwar rechtfertigen die körperlichen Dimensionen von Schwangerschaft und Geburt sowie die Bekämpfung faktischer Ungleichheiten besondere Rechte für Mütter, typischerweise bringen solche gruppenspezifische Rechte aber auch Probleme mit sich. Sie drohen die zu adressierende Differenz zu reproduzieren. Auf einen materiellen Begriff von Gleichheit sowie auf Erkenntnisse der Intersektionalitätstheorie bauend schlägt diese Arbeit vor, allgemeine Rechte von der potentiell am stärksten betroffenen Gruppe aus zu denken. Das heißt, bei der Formulierung allgemeiner Elternschutzrechte die Bedürfnisse von Geburtsmüttern zum Maßstab zu nehmen, aber auch Väter und soziale Eltern zu berechtigen und zu verpflichten. Ausgehend von der Entstehung des Mutterschutzes als frauenspezifisches Arbeitsschutzrecht werden dessen Zwecke, die geltende österreichische Rechtslage sowie internationale und europäische Vorgaben dargestellt. Dabei lässt sich, insbesondere anhand der Rechtsprechung des EuGH, eine Entwicklung hin zu Elternschutzrechten für Väter beobachten, die sowohl aus Gründen der Gleichbehandlung als auch zur Entlastung von Müttern geboten scheint. Doch wiewohl die Gestaltung des Rechts eine wichtige äußere Bedingung autonomen Handelns ist, spielen innere Bedingungen menschlicher Entscheidungen und außerrechtliche Zwänge eine ebenso wesentliche Rolle. Am Beispiel der Elternkarenz wird gezeigt, dass allein auf Ebene des Rechts anzusetzen nicht ausreicht. Rechtliche und andere soziale Zwänge stehen hier in einem lebhaften Zusammenspiel, was etwa die Rolle heteronormativer Geschlechternormen und ökonomischer Zwänge bei der Inanspruchnahme von formell rechtsgleichen Karenzansprüchen verdeutlicht. Wo das Recht die Entscheidung über die Aufteilung unbezahlter Arbeit den Eltern überlässt, kommen außerrechtliche Normen zum Tragen. Demgegenüber vermögen es zwingende arbeitsrechtliche Normen, die Handlungsräume der Betroffenen zu vergrößern. Rechtsvergleichend wird daher schließlich für eine Quotierung der Elternkarenz sowie für obligatorische Schutzzeiten für alle Arbeitnehmer_innen, die Eltern werden, argumentiert.<br />The Austrian parental leave framework creates different opportunities for parents based on gender and on their biological and legal relationship to their children. While birthmothers are obliged to 16 weeks of maternal leave, fathers and co-mothers are entitled to a voluntary parental leave. On the one hand, these differentiations are justified due to pregnancy and birth; on the other hand, the current legal situation limits the care arrangements available to parents and stabilizes the gendered division of labor. Further heteronormativity and gender norms influence the use fathers and mothers make of voluntary leaves. In my thesis I give an overview of the history and purpose of maternal leave as a gender-specific right and of the development of parental rights including fathers and co-mothers. Building on autonomy theory and intersectionality, a substantive rather than formal understanding of equality is put forward. This leads to the conclusion that parental rights must take into consideration the special needs of birthmothers, while bestowing rights and imposing obligations on all parents. |
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DOI: | 10.25365/thesis.60937 |