Popis: |
Ausnahmezustand ist der Name zweier Uberlegungen: Auf der einen Seite die Aussetzung einer Ordnung, um sie zu bewahren (souveraner Ausnahmezustand); auf der anderen Seite der Bruch mit einer Ordnung, in dem demokratisches Handeln erst entsteht (politischer Ausnahmezustand). Beispielhaft hierfur stehen jeweils die Uberlegungen von Giorgio Agamben und Jacques Ranciere. Trotz ihrer unterschiedlichen Konzeptionen ist fur beide der Ausnahmezustand der Ort, an dem die Frage entschieden wird, wer sprechen kann. Diese Entscheidung ist wiederum identisch mit der Entscheidung, wer an einer politischen Ordnung wie teil hat und wer nicht. In ihrer jeweiligen Konzeption entwickeln sie eine gegenwartskritische Perspektive, die aktuelles demokratisches Handeln gefahrdet sieht. Droht einerseits der souverane Ausnahmezustand immer mehr zur Regel zu werden und gefahrdet damit die demokratische Verfassungsordnung, die eigentlich geschutzt werden sollte, ist andererseits der politische Ausnahmezustand durch eine Regierung des Konsenses bedroht, die den demokratischen Streit zu einem objektiv behandelbaren Identitats- und Interessenskonflikt degradiert. Es stellt sich daher die Frage, wie angesichts dieser Gegenwartsdiagnosen demokratische Politik noch moglich sein kann? Hierzu werde ich zunachst die beiden Perspektiven des Ausnahmezustandes anhand der jeweiligen Uberlegungen von Agamben und Ranciere darstellen und im Anschluss daran die These verfolgen, dass das „Nicht-Fordern“ in aktuellen sozialen Bewegungen als eine Form des demokratischen Handeln gegen den souveranen Ausnahmezustand/Konsens gelesen werden kann. |