Ergebnisse der paläodemografischen und paläopathologischen Untersuchungen des frühmittelalterlichen Gräberfeldes von Steyr-Gleink, Hausleinerstraße

Autor: Weberstorfer, Miriam
Jazyk: němčina
Rok vydání: 2013
DOI: 10.25365/thesis.28588
Popis: Seit dem Jahre 1950 wurden im Rahmen der Schottergewinnung von Sierninghofen und durch den Bau des Sammelkanals der Steyrer Kläranlage immer wieder frühmittelalterliche Bestattungen des Gräberfeldes von Steyr – Gleink, Hausleitnerstraße angeschnitten. 1968 und 1969 wurden die Funde unter J. Reitinger erstmals durch Rettungsgrabungen geborgen, jedoch sehr schlecht dokumentiert. Spätere Untersuchungen und Grabungen in den Jahren 1991 und 1992, durchgeführt von V. Tovornik, brachten weitere Gräber ans Tageslicht, jedoch ist der Bestattungsplatz bis heute nicht vollständig erschöpft. Neben der typologischen Datierung des Grabinventars durch E. Szameit und D. Russ konnten Radiokarbonuntersuchungen das Gräberfeld von Hausleiten in einen zeitlichen Rahmen zwischen 680 - 890 n.Chr. stellen. Im Rahmen dieser Studie konnten die Skelettreste von insgesamt 53 Individuen paläodemografisch und paläopathologisch untersucht werden. Besonderes Augenmerk wurde auf die Erfassung der durch Mangelernährung hervorgerufenen Stressmerkmale, entzündlichen Erkrankungen und Pathologien der Zähne und des Zahnhalteapparates gelegt. Alle weiteren Veränderungen an den Skeletten wurden fallweise aufgenommen und diskutiert. Mit einer Verteilung von 49,0% subadulten und 51,0% erwachsenen Individuen konnte eine relativ hohe Kindersterblichkeit im Vergleich zu den zeitlich und räumlich nahegelegenen Gräberfeldern von Hainbuch und Gusen festgestellt werden. Im Durchschnitt ergibt sich für die Population ein Sterbealter von 23,1 Jahren. Frauen verstarben wahrscheinlich aufgrund der Gefahren durch Schwangerschaft und Geburt durchschnittlich im Alter von 34,0 Jahren, während Männer ein Alter von 40,4 Jahren erreichten. Das Geschlechterverhältnis ist mit einer Anzahl von 14 Männern und 12 Frauen annähernd ausgeglichen. Über die Untersuchungen der Zähne und des Zahnhalteapparates konnte festgestellt werden, dass die Häufigkeiten von Karies, Zahnstein, Parodontopathien und apikalen Prozessen im Vergleich zu räumlich und zeitlich ähnlich gestellten Gräberfeldgruppen relativ hoch sind. Die Kariesintensität der Population lässt auf eine besonders kohlenhydratreiche Ernährungsweise schließen. Es konnte kein geschlechtsspezifischer Unterschied in der Ernährung festgestellt werden, da Männer und Frauen annähernd gleiche Karies- und Zahnsteinintensitäten aufweisen. Mangelerkrankungen und Stresssymptome finden sich in der Gesamtpopulation in Form von pathologischen linearen Schmelzhypoplasien (7,5%), Cribra orbitalia (47,2%), porotischer Hyperostose (11,8%) und periostalen Reaktionen (82,0%). Es konnte kein signifikanter geschlechtsspezifischer Unterschied festgestellt werden, was darauf hindeutet, dass Männer und Frauen in ihrer Kindheit sehr ähnlichen Stressoren (z.B. Ernährung, Abstillzeit) ausgesetzt waren. Auch zwischen Kindern und Erwachsenen ist das Verhältnis, mit Ausnahme der transversalen Schmelzhypoplasien, relativ ausgeglichen. Aufgrund der hohen Frequenzen der unspezifischen Mangelsymptome ist eine insuffiziente Zufuhr von wichtigen Nährstoffen anzunehmen. Das Auftreten anderer entzündlicher Veränderungen und Infektionskrankheiten (Veränderungen der Lamina interna, Perisinusitis, Sinusititis und Stomatitis) kann durch die Kombination mehrerer Ursachen erkläret werden. Hierbei spielen Umweltfaktoren, Wohnsituation, schlechte Hygienische Bedingungen, Viren, Bakterien und mangelhafte Ernährung eine Rolle (Carli-Thiele & Schultz, 2001). Da nur sehr wenige traumatische Veränderungen festgestellt wurden und diese vermutlich unfallbedingt sind, ist anzunehmen, dass die Bevölkerung einem geringen Konfliktpotential ausgesetzt war. Die Population fügt sich im Gesamten gut in das bisherige anthropologische Bild dieser Zeit und liefert wichtige ergänzende Informationen über die Lebensverhältnisse im mittleren Donauraum.
In 1950 gravel mining in Sierninghofen and the construction of a sewer system in Steyr were carried out. During these construction works early mediaeval burials in the Steyr cemeteries in Gleink, Hausleitnerstraße were discovered. J. Reitinger was the first to conduct a rescue excavation in 1968 and 1969, unfortunately these excavations were not fully documented. Later investigations and excavations carried out by V. Tovornik in 1991 and 1992 revealed further burials, yet the cemeteries are still not fully depleted to this day. Previous typological dating by E. Szameit and D. Russ determined the age of the grave inventories from Hausleiten to the beginning to middle of the 8th century. The radio-carbon screening confirms these estimations and places the findings in the time span of 680-890 AD. The skeletal remains of 52 individuals are part of this paleodemographic and paleopathologic study. The main focus hereby lies on the collecting of stress symptoms though malnourishment, infections and pathologies of teeth and periodontium. Any additional changes in skeletons are noted down and are partly discussed. With 49.0% subadults and 51.0% adults relatively high child mortality can be recognized when compared to the mediaeval cemeteries Hainbuch and Gusen, which are in close proximity to Hausleiten. On average, the age at death lies at 23.1 years. Women commonly died around the age of 34.0 which might be due to the danger of pregnancies and birth, whereas men lived for 40.1 years on average. The sex ratio is fairly balanced with 14 men and 12 women. Due to the studies of teeth and periodontium a relative high amount of caries, calculus, parodontopathies and apical processes can be found in the individuals when comparing to other cemeteries with similar time span and location. The caries intensity leads to the conclusion that the nutrition was very high in carbohydrate. No sex difference can be found, as both male and female individuals show similar caries decay. Deficiency illness and stress symptoms are found in the whole population as pathological linear enamel hypoplasia (7.5%), Cribera orbitalia (47.2%), porotic hyperostosis (11.8%) and light periosteal reactions (82.0%). There is no significant sex specific difference with these symptoms, which leads to the conclusion that men and women were exposed to similar stressors (eg. nutrition, nursing period) during childhood. The balance in these symptoms between under-age and adults is relatively even, with exception of the enamel hypoplasia. On the basis of the high occurrence of unspecific deficiency symptoms an insufficient intake of important nutrition is supposed. The presence of differences in other infection illnesses (changes in lamina interna, perisinusitis, sinusititis and stomatitis) can be explained from various reasons, such as environmental factors, housing situation, lack of hygiene, viruses, bacteria and malnutrition (Carli-Thiele & Schultz, 2001). Since only a few traumatic changes can be found and these are probably due to accidents, one can assume that the population was not exposed to much violence. This anthropological investigation of the population of Hausleiten delivers additional important information concerning the living situation in the Danube region in the early mediaeval.
Databáze: OpenAIRE