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Gegenstand vorliegender Arbeit ist die Frührezeption des gelehrten Rechts im Gericht der Salzburger Erzbischöfe, die unter dem Aspekt der Wechselwirkung zwischen geistlicher Reform, wissenschaftlichem Recht und römischer Politik untersucht werden sollte. Ausgewertet wurden Prozessurkunden ab dem zweiten Drittel des 11. Jahrhunderts bis zum Ende der Regierung Erzbischof Eberhards I. im Jahr 1164. Zur Frage stand, in welcher Weise die Aufnahme römischrechtlicher Normen auf die Gerichtspraxis einwirkte, die bis dahin gewohnheitsrechtlichen Kriterien gefolgt war. Dabei wurde besonders auf die strategische Bedeutung Bezug genommen, die das neue wissenschaftlich durchgearbeitete Recht für die politischen Ziele der kirchlichen Reformbewegung entfalten konnte. Dies wird anhand zweier zentraler reformpolitischer Forderungen gezeigt. Zum einen lässt sich konkret nachweisen, dass die Forcierung und Weiterentwicklung der gütlichen Streitbeilegung ein zentrales Postulat aus Gratians Dekret begünstigte, das Laien aus innerkirchlichen Angelegenheiten auszuschließen trachtete. Zum anderen wird dargestellt, wie die Anwendung römischrechtlicher Prozessnormen die familiengebundene Erbfolgeordnung des Gewohnheitsrechts zugunsten der von Gratian geforderten individuellen Testierfreiheit zurückdrängen konnte. Zudem lässt sich ein Kreis reformerisch gesinnter Kleriker ausmachen, der sich unter dem Pontifikat der Erzbischöfe Konrad I. und Eberhard I. als Avantgarde etablieren und sowohl die politischen Ziele des Reformpapsttums befördern als auch die Anwendung des gelehrten Rechts voranbringen konnte. |