Abstrakt: |
Welche gesetzlichen, aber auch darüberhinausgehenden Entwicklungen haben in den vergangenen Jahren die Steuerkomplexität aus Sicht multinational operierender Unternehmen in Deutschland getrieben? Zur Beantwortung dieser Frage vergleicht der vorliegende Beitrag die Entwicklung der wahrgenommenen Komplexität steuerlicher Regelungen und Rahmenbedingungen von 2016 bis 2022, basierend auf den Daten des Global MNC Tax Complexity Survey, mit während dieser Zeit faktisch geschehenen Änderungen. Die faktischen Änderungen umfassen etwa neu verabschiedete Gesetze, Richtlinien oder internationale Leitlinien sowie quantitative Daten zur Ausstattung bzw. Arbeitsweise der Finanzverwaltung. Es werden zwei große Trends sichtbar: Erstens zeigt sich, dass die Komplexität der Steuergesetze zwar generell gestiegen ist, aber neue Gesetze im Einzelnen nicht notwendigerweise die Komplexität erhöhen, sondern sogar reduzieren können. Neben einem konstanten Absinken der Komplexität von Verrechnungspreisregeln, vermutlich durch ein Angleichen dieser an internationale Leitlinien, lässt sich insbesondere bei steuerlichen Regelungen zu Umstrukturierungsvorgängen ein starker Komplexitätsrückgang beobachten, der mit dem Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz in Zusammenhang steht. Zweitens zeigt sich, dass steuerliche Rahmenbedingungen in Deutschland im weltweiten Vergleich komplexer werden. Getrieben wird dieser Anstieg vor allem vom Fehlen spezialisierter Mitarbeiter zur Bearbeitung von Einsprüchen in der Finanzverwaltung sowie einem Rückgang der von der Finanzverwaltung gegebenen Auskünfte. |