Gründe für die Nicht-Teilnahme von Diabetespatient*innen an einer strukturierten Schulung: ein narrativer Review

Autor: Horvath, Lajos Benjamin, Müller, Nicolle, Kuniss, Nadine, Bleidorn, Jutta, Schulz, Sven
Zdroj: ZFA - Zeitschrift fur Allgemeinmedizin; January 2021, Vol. 97 Issue: 1 p26-31, 6p
Abstrakt: Hintergrund: Strukturierte Behandlungs- und Schulungsprogramme für Patient*innen mit Diabetes mellitus sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Ziel ist die Vermittlung von Wissen und praktischen Fähigkeiten. Zahlreiche Kohortenstudien bzw. randomisiert kontrollierte Studien bestätigen die Effektivität der Programme. Dennoch sind die Teilnahmeraten an Behandlungs- und Schulungs-programmen bisher unzureichend. Ziel dieses narrativen Reviews ist, einen Überblick über die aktuelle Studienlage zu Gründen für die Nicht-Teilnahme von Diabetespatient*innen an strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogrammen zu geben. Methoden: Literatursuche in PubMed. Eingeschlossen wurden Volltexte über die Gründe für die Nicht-Teilnahme an strukturierten Behandlungs- und Schulungsprogrammen bis einschließlich 2019 in deutscher oder englischer Sprache. Ergebnisse: Es wurden neun Publikationen mit insgesamt 4516 Studienteilnehmenden in die Analyse einbezogen. Die Teilnahmerate lag zwischen 20 und 50 %. Eine Nicht-Teilnahme war häufig assoziiert mit männlichem Geschlecht, höherem Alter, Zugehörigkeit zu ethnischen Minderheiten, Migration, Arbeitslosigkeit, niedrigerem Bildungsstand und niedrigerer Gesundheitskompetenz. Ein höherer HbA1c, mehr Informationen über die Schulungsangebote und eine Empfehlung durch den Hausarzt führten zu einer Steigerung der Teilnahmewahrscheinlichkeit. Die Nicht-Teilnehmenden ließen sich unterscheiden in Patient*innen, die aus logistischen, medizinischen oder finanziellen Gründen nicht teilnehmen konnten und Patient*innen, die aufgrund von subjektiv geringem Schulungsbedarf, negativen Emotionen im Zusammenhang mit der Schulung oder kulturellen/religiösen Hindernissen nicht teilnehmen wollten. Aus Deutschland gibt es zum Thema bisher nur zwei Publikationen. Die Ergebnisse sind mit denen aus der internationalen Literatur vergleichbar. Schlussfolgerungen: Die Gründe für die Nicht-Teilnahme weisen insbesondere auf die Bedeutung eines flächendeckenden Angebots, den Hausarzt als zentrales Element bei der Koordinierung und Edukation von Patient*innen mit Diabetes mellitus und die Schaffung digitaler Alternativen und Angebote hin. Für Deutschland besteht bisher eine schwache Datenbasis und weitere Forschung ist erforderlich.
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