Analyse des Behandlungsprozesses bei der oralen Antikoagulationstherapie zur Identifikation von Sicherheitsproblemen in der hausärztlichen Versorgung

Autor: Saal, Kristina, Hoffmann, Barbara, Blauth, Eckart, Rohe, Julia, Beyer, Martin, Harder, Sebastian, Gerlach, Ferdinand Michael
Zdroj: ZFA - Zeitschrift fur Allgemeinmedizin; April 2009, Vol. 85 Issue: 4 p148-155, 8p
Abstrakt: Hintergrund: Die orale Antikoagulation (OAK) als Hochrisikomedikation stellt einen relevanten Aspekt der Medikationssicherheit in der ambulanten Versorgung dar. In einer retrospektiven explorativen Beobachtungsstudie wurde der Behandlungsprozess in der hausärztlichen Versorgung bezüglich Sicherheitslücken und Medikationsfehlern, Wechselwirkungsrisiken und Kontraindikationen untersucht. Methoden: Vor dem Hintergrund eines Prozessmodells, das Therapieentscheidung, Dokumentation, Patienteneinbindung und Monitoringstrategien als Elemente dieser Dauertherapie definiert, wurden anhand von 3 internationalen Leitlinien 30 Prozessindikatoren zur Abbildung einer sicheren OAK-Therapie generiert. Die Datenerhebung erfolgte anhand einer Dokumentationsanalyse sowie durch leitfadengestützte Patienten- und Arztinterviews. Festgestellte Auffälligkeiten wurden im Hinblick auf potenzielle Sicherheitsrisiken bewertet. Ergebnisse: Sechzehn Hausärzte schlossen 100 Patienten mit OAK ein. Alle Praxen hatten Behandlungsroutinen für die OAK-Therapie etabliert. Sicherheitslücken wurden v. a. im Bereich der Dokumentation und bei der Einbindung und Information der Patienten über ihre Therapie identifiziert. Bei 81 Patienten war der INR-Zielwertbereich nicht in der Akte dokumentiert; bei 55 Patienten fehlte die aktuelle Dosierung und bei 70 Patienten ein OAK-Warnhinweis. 36 Patienten waren nicht über Risiken und Besonderheiten der Therapie aufgeklärt worden. Bei der Therapieentscheidung waren in 2 Fällen absolute Kontraindikationen und in 18 Fällen Wechselwirkungsrisiken nicht beachtet worden. Drei Patienten erhielten intramuskuläre Injektionen. Bei 87 Patienten wurden mindestens vierwöchentlich INR-Kontrollen durchgeführt, in ca. 30 % der Fälle unterblieben jedoch angemessene Reaktionen auf INR-Wert-Abweichungen. Schlussfolgerung: Optimierungspotenziale bestehen vor allem im Bereich Monitoring, Dokumentationsqualität sowie Einbeziehung der Patienten. Eine strukturierte (EDV-gestützte) Dokumentation der wichtigsten Prozessschritte bei der OAK-Therapie sowie eine gezielte Einbindung der Patienten erscheinen zur Erhöhung der Therapiesicherheit sinnvoll. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen muss in kontrollierten Studien weiter untersucht werden.
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